Welche Dinge uns helfen, uns selbst zu erkennen und was dabei nicht hilfreich ist, wie wir uns von den nach außen gerichteten Sinnen und dem Intellekt lösen können - das ist ein Thema, in dem es um die Praxis geht. Das versteht man wirklich unter Spiritualität.
Sant Kirpal Singh

Was ist Spiritualität?

Von Sant Kirpal Singh, London, 17. September 1972

Vortrag zum Download als MP3 – www.audio.sant-kirpal-singh.org
You Tube https://www.youtube.com/watch?v=pLYnYQYHWVQ&t=1803s mit engl. Untertiteln


Der menschliche Körper ist die höchste Form in der ganzen Schöpfung. Er ist eine goldene Gelegen­heit, die wir erhalten haben, denn allein in diesem menschlichen Körper können wir Gott erkennen. Aber um Gott zu erken­nen, müssen wir zuerst uns selbst erken­nen, denn Gott kann nicht durch die nach außen gehenden Sinne, durch das Gemüt oder den Intellekt erkannt werden. Mit dem Intellekt (Verstand) können wir nur versuchen, bestimmte Dinge zu begreifen. Allein die Seele kann die Überseele erken­nen, denn die Seele ist vom selben Wesen wie Gott. Gott ist All-Bewusstsein und unsere Seele ist ein Tropfen aus dem Oze­an allen Bewusstseins.

Um also Gott zu erkennen, müssen wir zuerst uns selbst erkennen, denn nur Gleiches kann Gleiches erkennen.

Doch unglücklicherweise ist unsere Seele umgeben vom Gemüt und den nach außen gehenden Sinnen; unsere Seele ist unter der Kontrolle des Gemütes, das Ge­müt ist unter der Kontrolle der nach au­ßen gehenden Sinne, und die nach außen gehenden Sinne wiederum werden unwi­derstehlich von den äußeren Vergnügun­gen angezogen. So sagten alle Meister, dass wir zuerst uns selbst erkennen müs­sen. "Erkenne dich selbst!" Osten und Westen machen da keinen Unterschied, seht ihr? Diejenigen, die Gott erkannt ha­ben, sagen alle dasselbe. Doch Selbster­kenntnis ist nicht möglich auf der Ebene der Gefühle oder indem wir Schlussfolgerungen ziehen (darüber nachdenken), sondern durch Selbstanalyse, indem wir uns über das Körperbewusstsein erheben.

Doch wie ist das möglich? Die Sinne müssen unter Kontrolle sein, das Gemüt muss zur Ruhe gebracht werden, und auch der Verstand muss – nachdem er verstanden hat, worum es geht – für ei­ne Weile aufhören zu arbeiten. Nur dann können wir uns selbst erkennen.

Es ist einfach eine Sache der Selbstanalyse, es ist ein Sich-Erheben über das Körperbewusstsein.

Gott auf der Ebene der Gefühle er­kennen zu wollen oder indem man Schlussfolgerungen zieht, ist nicht mög­lich, da diese dem Irrtum unterworfen sind. Sehen steht über allem. Sich über das Körperbewusstsein zu erheben ist ei­ne praktische Erfahrung, die man zu den Füßen von einem erhalten kann, der täg­lich das Körperbewusstsein übersteigt. Paulus sagte: "Ich sterbe täglich." Was bedeutet das, täglich zu sterben? Wir müssen uns demselben Vorgang unter­ziehen, wie zum Zeitpunkt des Todes, wenn die Seele den Körper verlässt. Plutarch sagt dasselbe: "Die Seelen derjeni­gen, die in die Mysterien des Jenseits ein­geweiht werden, machen dieselbe Erfah­rung des Zurückziehens vom Körper wie zur Stunde des Todes."

Ihr wisst, dass der äußere Ausdruck der Seele die Aufmerksamkeit ist. Zur Zeit des Todes wird die Aufmerksamkeit von außen ganz zurückgezogen. Wenn man zu jemandem geht, der im Sterben liegt, erkennt er einen nicht, denn seine Aufmerksamkeit ist von außen ganz zu­rückgezogen. Dann erstarrt der untere Teil des Körpers, die niederen Chakras werden gebrochen und wir kommen zum Sitz der Seele im Körper, der hinter den Augen liegt. Dann drehen sich die Au­gen nach oben.

Lernt zu sterben, damit ihr zu le­ben beginnen könnt!

Sich selbst zu erkennen – wie ich euch schon sagte, diese Erfahrung oder den Beweis davon kann man zu den Fü­ßen von einem erhalten, der sich selbst täglich (über den Körper) erhebt; er ist auch in der Lage, euch einen Beweis da­von zu geben, dass ihr das Leben im Kör­per seid und nicht der Körper, versteht ihr?

Dieser menschliche Körper ist also ein wunderbares Haus, in dem wir leben. Es gibt so viele Öffnungen in ihm, die Au­gen, die Ohren, die Nasenlöcher, den Mund usw. und dennoch können wir ihn nicht verlassen, da eine höhere Kraft uns im Körper hält und kontrolliert. Unser Körper arbeitet nur so lange, wie wir in ihm sind, und wir werden so lange in die­sem Körper verweilen, solange wir von dieser höheren Kraft darin kontrolliert werden. In den Heiligen Schriften wird diese Kraft die sich zum Ausdruck brin­gende Gotteskraft, "Naam" oder "Wort" genannt. Wenn diese Kraft zu­rückgezogen wird, müssen wir den Kör­per verlassen.

Wenn man sich also durch Selbstana­lyse über das Körperbewusstsein erhebt, erhält man einen praktischen Beweis, was es heißt, sich selbst zu erkennen.

Wenn ihr euch selbst erkennt, seht ihr, dass eine Kraft euch kontrol­liert.

Man muss den Körper für immer ver­lassen, wenn die karmische Verbindung zerbricht, wenn die Silberschnur, die aus den Reaktionen aus der Vergangenheit beruht, zerbrochen wird; eine solche Seele kehrt nicht mehr in den Körper zu­rück. Doch wenn ihr lernt, euch über das Körperbewusstsein zu erheben während ihr lebt, ist der Vorgang derselbe. Dann erkennt ihr, dass eine Kraft euch kontrol­liert.

Wie ich euch schon gestern erzählte, lag einmal ein Atheist auf dem Sterbe­bett. In seinem Zimmer stand groß ge­schrieben: "God is nowhere!" (Gott ist nirgendwo.) Ein Kind kam und fing an zu lesen: "G-o-d i-s n-o-w h-e-r-e: God is now here!" (Gott ist jetzt hier.) Und der sterbende Mann sagte: "Ja, mein Kind, es ist eine Kraft hier!"

Durch Selbstanalyse erkennt man also sich selbst, indem man sich einfach über das Körperbewusstsein erhebt. Wenn man diese Kraft erkennt, die uns im Kör­per kontrolliert, dann wird sie offenbar.

Nur im menschlichen Körper können wir Gott erkennen.

Die ganze Welt ist voll von verschiede­nen äußeren Übungen (Riten und Ritua­len), seht ihr, so viele Dinge. Doch sie sind nur die Vorbereitung des Bodens. All das sind natürlich gute Handlungen, doch wenn wir ein Symbol vor uns ha­ben, dann ist das nur dazu da, um den Sinn dahinter zu erkennen, wozu das Modell gemacht wurde.

Gestern wurde erklärt, dass Gott der Wortlose, der Namenlose, Ashabd ist. Als Er sich zum Ausdruck brachte, als der Absolute Gott wünschte: "Ich möch­te Viele werden!", da entstand eine Schwingung, die zwei Dinge bewirkte: Licht und Ton.

Gott ist Licht, Gott ist die Musik der Sphären – Nada.

Das sind die beiden äußeren Aus­drucksformen der sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft, die das ganze Universum und auch uns in diesem Kör­per kontrolliert. Mit ihr kann man in Verbindung kommen, wenn man sich über das Körperbewusstsein zum Sitz der Seele im Körper erhebt, der hinter den Augen liegt. Das ist also eine praktische Angelegenheit, die erfahren werden kann.

Erst wenn ihr etwas mit euren ei­genen Augen seht, dann seid ihr überzeugt, nicht vorher.

Aus zwei Gründen hat der Mensch Angst zu sterben. Einmal weil wir nicht wissen, wie wir den Körper verlassen müssen; wir haben keine Erfahrung da­von. Wir sind so sehr an das Äußere ge­bunden, dass wir es nicht wagen, uns von außen zurückzuziehen. Selbst wenn wir uns von außen zurückziehen wollten, könnten wir es nicht, da wir so sehr mit den äußeren Dingen identifiziert sind. Aus diesem Grund also müssen wir ler­nen, wie wir uns von außen zurückzie­hen können. Wenn man weiß, wie man den Körper täglich verlässt, wenn man täglich stirbt – wie Paulus sagt – und täglich das Kreuz auf sich nimmt (der stehende Mensch mit ausgebreiteten Ar­men bildet ein Kreuz), dann wird der Tod eine Sache der Freude. Denn alle Herrlichkeit und Schönheit liegt in euch. Die Astralebene ist schöner als die äuße­re, physische Welt. Die Kausalebene ist noch schöner, und die höheren Ebenen haben noch mehr Schönheit und Glück­seligkeit. Wer dieses Glück einmal er­fährt, ist bereit – wann immer es mög­lich ist – dorthin zu gehen. Weil wir je­doch keine Verbindung damit haben, gibt sich das Gemüt den äußeren Ver­gnügungen hin und ist mit diesem bisschen Glück zufrieden. Was aber tun wir? Wir machen Modelle vom mensch­lichen Körper. Der menschliche Körper ist der wahre Tempel; in ihm leben wir und ebenso jene Kraft, die uns im Kör­per kontrolliert. Der, mit dem wir in Verbindung kommen möchten, und auch wir, die nach dieser Verbindung su­chen, – beide wohnen zusammen im selben Körper.

Doch wir können Ihn nicht sehen, weil unsere Seele unter der Herrschaft des Gemüts steht, und das Gemüt wie­derum den nach außen gehenden Sinnen unterliegt, die von den äußeren Ver­gnügungen angezogen werden. Wir haben uns so sehr damit identifiziert, dass wir unser wahres Selbst vergessen haben.

Wenn man lernt, wie man täglich das Körperbewusstsein übersteigen kann, dann verliert der Tod seinen Stachel.

Die Hinduschriften berichten uns, dass der Mensch zur Stunde des Todes, wenn die Seele den Körper verlässt, schreckli­che Schmerzen erleidet. Es ist vergleich­bar mit dem Biss von Skorpionen. Am Anfang ist es nur ein kleiner Biss, dann aber schmerzt es fürchterlich. Der Tod ist mit dem Biss von tausend Skorpionen vergleichbar.

In den mohammedanischen Schriften heißt es: "Wenn die Seele den Körper verlässt, erfährt sie Schmerzen, wie wenn ein Dornenbüschel vom Rektum bis zum Mund hindurchgezogen würde." Seht ihr, wie schrecklich sich mancher zur Stunde des Todes fühlt, wenn er nicht gelernt hat, wie man stirbt. Darum sagen alle Meister: "Lerne zu sterben, damit du zu leben beginnen kannst!" Alle Mei­ster sagten dasselbe, jeweils in ihrer eige­nen Sprache.

Der zweite Grund ist, dass wir nicht wissen, was unser Schicksal sein wird, nachdem wir den Körper verlassen ha­ben. Aus diesen beiden Gründen haben wir Angst vor dem Tod. Wenn wir zu Füßen von jemandem sitzen, der uns ei­nen Beweis davon geben kann, wie man das Körperbewusstsein übersteigt und uns eine Verbindung mit der sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft geben kann, dem Licht- und Tonprinzip, so ist das der direkte Weg zurück zum Absolu­ten Gott; ohne Umwege. Das ist ein na­türlicher Yoga, versteht ihr?

Wenn das Gemüt diese Glückse­ligkeit erfährt, dann ist es nur na­türlich, dass die äußeren Vergnü­gungen die Wirkung auf euch ver­lieren.

Was aber tun wir? Wir haben Modelle des menschlichen Körpers im Äußeren gemacht: die Tempel sind kuppelförmig (dem menschlichen Kopf nachgebildet); die Kirchen nasenförmig, und die Mo­scheen in der Form der menschlichen Stirn. Wir finden darin zwei Symbole der sich zum Ausdruck bringenden Got­teskraft: Licht und Ton. Wir gehen dort hin. Es sind Modelle, die uns zeigen, dass dieses Licht und dieser Ton in uns sind.

Solange praktisch erfahrene Men­schen da waren, gaben sie den anderen eine Erfahrung, einen Beweis davon, wie man sich über das Körperbewusstsein er­hebt und eine Verbindung mit jenem Licht und Ton erhält, welche die äuße­ren Aspekte der sich zum Ausdruck bringenden Gotteskraft sind; und sie wa­ren überzeugt. Doch weil es an praktisch erfahrenen Menschen fehlt, wurden die­se Symbole zum Wichtigsten erhoben. Es sind jedoch nur Modelle, die zeigen sollten, dass das Licht Gottes und das Tonprinzip in euch sind. Weil uns solche praktisch erfahrenen Menschen fehlen, ist niemand da, um uns das Licht in uns zu zeigen. So gehen wir einfach in die Kirchen, Moscheen und Tempel, zünden Kerzen an und lassen die Glocken läu­ten. Beides ist nur eine Sache äußerer Verehrung. Wir aber binden uns an die äußeren Formen der Verehrung, die uns nur zeigen sollten, dass jenes Licht in uns ist und wir uns über den Körper erheben müssen, um eine Verbindung mit dem wahren Licht, mit dem wahren Ton – der sowohl im menschlichen Körper wie in der gesamten Schöpfung widerhallt – zu erlangen.

Diejenigen aber, die das gesehen ha­ben, sagen dann: "Der Körper ist der Tempel Gottes!" Die Meister sagen: "Der Menschenkörper ist der wahre Tempel Gottes, in welchem das Licht Gottes leuchtet." Wir sind so sehr an die äußeren Formen der Verehrung gebun­den, weil es keine Menschen gibt, die die praktische Erfahrung geben können. Wir sind von Tag zu Tag von diesen äu­ßeren Formen in Anspruch genommen, die nur zur Vorbereitung des Bodens ge­dacht sind, um die Menschen erkennen zu lassen, worum es geht.

Wenn der Meister zu uns kommt, öff­net Er das Einzelauge in uns, auch Drit­tes Auge oder "Shiv Netra" genannt, so-dass man jenes Licht selber sieht. Wenn ihr diese Erfahrung erhal­tet, ist es ganz leicht, den Körper zu verlassen; dann ist es eine Sache der Freude.

Kabir sagt: "Die Menschen haben so­gar Angst davor, nur den Namen des Todes zu hören. Ich aber freue mich sehr, wenn ich den Namen des Todes hö­re, denn nur dann kann ich mit Gott über mir eins werden!"

Nun möchte ich über Guru Amar Das, den dritten Guru der Sikhs, spre­chen. Er war von äußeren Praktiken, Symbolen und Gedankenschulen 70 Jah­re lang in Anspruch genommen. Man wird erst zufrieden sein, wenn man etwas selbst sieht. Erst, wenn ihr es selbst seht, könnt ihr sagen: "Gott ist Licht." Solan­ge ihr es nicht seht und nur denkt, dass Gott Licht ist, seid ihr nicht im Licht Gottes. Auch wenn ihr sagt: "Gott ist Licht", ist es für euch wahr? Nein.

Als Guru Amar Das 70 Jahre lang ge­sucht hatte ("Klopfet an, und es wird euch aufgetan"), traf Gott Vorkehrun­gen, um ihn mit Guru Angad, dem zwei­ten Guru der Sikhs in Verbindung zu bringen. Er gab ihm die Erfahrung des Sich-Erhebens über das Körperbewusstsein und öffnete sein Drittes Auge oder Einzelauge, sodass er das Licht Gottes se­hen konnte und dann sagte: "Gott ist Licht." Weiter sagte er: "Siebzig Jahre lang habe ich mich mit den äußeren For­men der Verehrung beschäftigt, mit Din­gen, die nur die äußere Seite betreffen."

Es sind natürlich gute Handlungen, denn sie sind für Gott bestimmt. Doch ihr seid dabei selbst die Handelnden, ihr tut es mit Ego. Was auch immer ihr sät, werdet ihr ernten. Habt ihr gute Gedan­ken, werden gute Handlungen die Folge sein. Schlechten Gedanken werden schlechte Taten folgen. Das ist die Ursa­che des Kommens und Gehens in dieser Welt, denn ihr werdet dorthin gehen, wo ihr gebunden seid. So geht es ständig vor sich.

Doch wenn ihr seht, dass jene Kraft über euch wirkt, werdet ihr wie jener Atheist, von dem ich euch vorher erzähl­te, sagen: "Ja, mein Kind, diese Kraft wirkt über uns." Das könnt ihr nur er­fahren, wenn ihr euch über das Körperbewusstsein erhebt und selbst seht, dass diese Kraft alles kontrolliert.

Welchen Aspekt Gottes könnt ihr er­fahren? Nicht den Absoluten Gott; Ihn hat nie jemand gesehen. Bevor Er sich zum Ausdruck brachte, war Er Namen­los und Wortlos. Als Er sich zum Aus­druck brachte, wurde Er das Wort ge­nannt, Naam oder Shabd. Licht und Ton sind die beiden Aspekte des Wortes. "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte." Versteht ihr? Indem man mit Naam in Verbindung kommt, sieht man jenes Licht, das sich vergleichen lässt mit Hun­derten und Tausenden von Sonnen, die zu gleicher Zeit aufgehen.

In wem auch immer dieses Licht erstrahlt, der ist ein wahrer Schü­ler (Sikh).

Die äußeren Kennzeichen der einen oder anderen Religion zu tragen, oder sich verschiedenen Gedankenschulen oder Gemeinschaften anzuschließen, heißt nicht unbedingt, dass ihr das Ziel bereits erreicht habt, weswegen ihr euch dieser Gedankenschule angeschlossen habt.

Ein wahrer Schüler ist man nur, wenn man das Licht Gottes sieht. Ein wahrer Hindu ist einer, der das Licht Gottes im Inneren sieht. Ein wahrer Christ ist je­mand, der das Licht Gottes sieht; ein wahrer Mohammedaner ist, wer das Licht Gottes sieht. Dasselbe gilt für alle, seht ihr? Wenn jemand, der nichts sieht, sagt: "Gott ist Licht", ist es wie das Werk eines Blinden, versteht ihr? Erst wenn ihr seht, dass Er Licht ist und die kontrollierende Kraft, die uns erhält, und wir bloß Marionetten in Seiner Hand, dann verliert ihr euer Ego, denn ihr erkennt, dass eine höhere Kraft wirkt und nicht ihr.

Als Guru Amar Das diese Erfahrung erlangte, sagte er: "Wenn man Ihn anbe­tet oder lobt, ohne Ihn zu sehen, ist das wie das Werk eines Blinden." Seht erst und dann sprecht davon. Das sagen alle Meister. Solange ihr Ihn nicht seht, ist es gut, Gott zu loben, denn dann sind eure Gedanken auf Gott gerichtet. Doch euer Ego und euer Handeln ist noch da, und so gilt: "Wie ihr sät, so werdet ihr ern­ten."

Erst wenn ihr seht, dass jene Kraft wirkt und nicht ihr, dann verliert ihr all euer Ego.

Wenn man also mit der sich zum Aus­druck bringenden Gotteskraft in Verbin­dung kommt, wenn ihr seht, dass es jene kontrollierende Kraft ist, die uns im Körper hält und wir bloß Marionetten in Seiner Hand sind, dann verschwindet das Ego. Das aber könnt ihr nur erhalten zu Füßen von einem, der darin Erfahrung hat. Nennt ihn, mit welchem Namen ihr wollt; einer, der fähig ist, euer inneres Auge zu öffnen, damit ihr das Licht Gottes sehen könnt.

Zu seiner Zeit gab Guru Amar Das das Wesentliche oder die Essenz der Lehre in einer Hymne wieder, die ich euch jetzt nahebringen möchte. Er sagt: "Schaut her, wo ist Gott?" Und er ant­wortet: "Gott ist in dieser Höhle des Körpers." Eine Höhle ist immer lang und dun­kel. Versteht ihr? In dieser Höhle des menschlichen Körpers lebt Gott, der un­endlich und jenseits aller nach außen ge­henden Sinne ist. Er lebt in ihm.

Der Körper ist der Tempel Gottes.

Maulana Rumi berichtet, dass Prophet Mohammed uns erzählt, dass Gott sagt: "Ich bin so groß, dass diese ganze Welt, der Himmel und die höhe­ren und niederen Ebenen, die gan­ze Schöpfung nicht fähig sind, mich in sich aufzunehmen, so groß bin Ich." Aber Er sagt weiter: "Sonderbar genug, dass ich in dem Herzen eines Ergebenen wohne! Ich bin in jedem. Ich wohne in je­dem Herzen."

Kabir sagt: "Ich ging auf Pilgerfahrt nach Mekka und Medina. Als ich auf dem Weg war, kam Gott zu mir. Er be­gann mich zu tadeln und sagte: Wer hat dir gesagt, dass Ich hier bin? Ich bin in dir!" Seht ihr? Kabir war danach aus, Gott zu finden, indem er von Ort zu Ort ging. Ich gebe euch die Essenz dessen, was alle Meister sagten. Ich brauche nicht alles zu zitieren, denn es gibt Hun­derte von Zitaten. Sie sagen:

Der, den du dir wünscht, Er ist in dir. Er ist die Kraft, die dich kon­trolliert. Er wohnt im Körper. Der Körper ist der wahre Tempel Got­tes.

Die äußeren Modelle wurden ge­macht, um euch darauf hinzuweisen, dass diese Kraft in euch ist. Solange wir diese Kraft nicht sehen, können wir un­ser Ego nicht verlieren, und solange wir unser Ego nicht verlieren, müssen wir immer wieder (auf diese Erde) kommen. Das sagen uns alle Meister. Guru Amar Das sagt: "Gott wohnt auf ähnliche Weise in euch, wie rote Farbe in der Krapp-Pflanze verborgen ist. Je mehr ihr sie in Wasser rührt, um so mehr Far­be gibt sie ab; so, wie das Feuer im Holz verborgen ist, das man entfacht, indem man Holz reibt; so, wie Butter in der Milch ist, die man jedoch erst erhält, wenn man den Rahm abseiht und ihn rührt. Auf ähnliche Weise wohnt Gott in euch."

Alle Meister sagen uns: "Gott wohnt in uns. Er wohnt in den Herzen aller." Doch wir sehen Ihn nicht. Guru Amar Das sagt: "Es ist wie grauer Star. Wenn Menschen an grauem Star leiden, kön­nen sie nicht sehen. Erst, wenn er vor­sichtig beseitigt wird, können sie wieder sehen." Ähnlich (werden wir wieder se­hend), wenn unsere Aufmerksamkeit von außen ganz zurückgezogen wird und zum Sitz der Seele im Körper – der hin­ter den Augen liegt – gebracht wird; zum Zehnten Tor im Körper, welches zum Jenseits führt; dort, wo man "an­klopfen kann und einem aufgetan wird" (wie Jesus sagte).

So beschreibt Guru Amar Das auf alle Arten, wie er dies erlangte, und was der Grund ist, warum die Menschen den fal­schen Weg gehen. Zuerst sagt er: "Der, nach dem ihr sucht, wohnt in eurem menschlichen Körper. Er ist verborgen in euch." Seht ihr? Auch die ganze äuße­re Erscheinungswelt besteht nur aus der sich zum Ausdruck bringenden Gottes­kraft. All dies entstand aus Ihm, wo gibt es also einen Ort, an dem Er nicht ist?

Wenn ihr in die Luft schaut, dann könnt ihr dort nichts sehen. Wenn ihr je­doch durch ein Mikroskop schaut, das alles 700-mal vergrößert, dann werdet ihr sehen, dass alles voller Bakterien ist. Sie sind auch jetzt da. Entweder werden diese Dinge so vergrößert, dass sie auf unsere Wahrnehmungsebene kommen, oder unsere innere Wahrnehmung muss so subtil werden, dass wir auf diese Ebe­ne kommen, dann können wir sie sehen.

Gott wohnt also in uns. Die Meister sagen, dass sie Ihn in diesem menschli­chen Körper gesehen haben. All jene, die versuchen, Ihn durch äußere Übungen oder das Beachten äußerer Regeln zu finden, werden Ihn niemals erlangen. All das sind gute Handlungen, das leugnen sie (die Meister) nicht, doch das Ego ist da. Ihr seid selbst die Handelnden dabei, so müsst ihr säen, und wie ihr sät, so wer­det ihr ernten! Gute Handlungen brin­gen euch Gutes, doch euer Kommen und Gehen geht weiter und weiter, versteht ihr?

Wenn ihr seht, dass Gott der Han­delnde ist, verliert ihr euer Ego, und euer Kommen und Gehen wird enden.

Das ist es, was Guru Amar Das sagt. Wenn ihr zu Füßen eines Meisters kommt, gibt Er uns eine Verbindung mit der sich zum Ausdruck bringenden Got­teskraft, welche Wort, Shabd oder Naam genannt wird. Dann seht ihr selbst: Gott ist da! Doch nicht der Abso­lute Gott, sondern die sich zum Aus­druck bringende Gotteskraft, die zwei Aspekte hat: ihr seht das Licht Gott­es und hört die Musik der Sphären. Nun dankt Guru Amar Das: "O Gott, ich danke dir, ich gebe mich Dir vollkom­men hin. Siebzig lange Jahre habe ich Dich gesucht, nun danke ich meinem Guru, zu dessen Füßen ich diese Erfah­rung erhielt. Nicht nur einmal, sondern hundertmal opfere ich mich dem Mei­ster, der Gott in mir offenbarte!"

So seht ihr, dass wir bei jedem Schritt einen Lehrer brauchen. Auch die Kinder brauchen Eltern, Brüder und Schwe­stern, die sie lehren. In der Schule brau­chen wir Lehrer. In allen äußeren Din­gen, welche in Verbindung stehen mit den nach außen gehenden Sinnen, dem Gemüt oder dem Intellekt, möchten wir Führung haben.

Und bei diesem Thema, wie man sich über das Körperbewusstsein erhebt, wie man sich über die nach außen gehenden Sinne erhebt, da braucht ihr keinen Leh­rer? Ihr braucht einen! Doch warum fürchten wir uns davor? Wir haben Angst, weil die Welt voller Lehrer ist, entschuldigt bitte, was ich jetzt sage. Christus sagte auch: "Sie kommen als Lämmer, doch sie sind reißende Wölfe."

Es gibt so viele, die etwas zur Schau stellen und den anderen etwas vorma­chen, und die Menschen können nicht mehr unterscheiden, was wahr oder un­wahr ist. Die Meister geben euch folgen­den Prüfstein dafür:

Solange ihr nicht mit eigenen Augen seht, was der Meister sagt, und ihr es nicht selbst bezeugen könnt, glaubt den Worten  des Meisters nicht!

Das ist wirklich ein guter Prüfstein. Damit kann man das Falsche vom Wah­ren unterscheiden.

Guru Amar Das sagt also: "O Gott, ich danke meinem Guru, der jene sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft, nach der ich siebzig Jahre lang suchte, in mir offenbarte. Dank sei Gott!" Wer diese Erfahrung erlangt, fühlt große Dankbarkeit.

Weiter sagt Er: "Das erste ist Naam, jene sich zum Ausdruck bringende Got­teskraft, die zwei Aspekte hat. Sie gibt euch ewiges Leben, wenn ihr mit ihr in Verbindung kommt." Amrit bedeutet das Wasser des Lebens, welches euch ewiges Leben gibt, ihr werdet nie mehr sterben. Wenn ihr zu sterben lernt, er­haltet ihr ewiges Leben. "Lerne zu ster­ben, damit du zu leben beginnen kannst!"

Dieses Wasser des Lebens könnt ihr aber nur erhalten, wenn ihr lernt, wie man sich über das Körperbewusstsein er­hebt. Dann erlebt ihr göttliche Berau­schung und Glückseligkeit, wodurch das Gemüt alle äußeren Vergnügungen vergisst. Das können wir nur im menschli­chen Körper zu Füßen eines Meisters er­halten. Er erhebt sich täglich über das Körperbewusstsein, hundertmal am Tag, wenn Er will, und Er erhebt auch andere über das Körperbewusstsein. Er gibt ihnen eine praktische Erfahrung, und sie sehen wirklich selbst. Einige erhalten mehr, andere weniger. Doch jedem wird ein Startkapital gegeben.

Angenommen, jemand kommt zu euch und hält einen Vortrag über Ge­schäftsprinzipien, einen wunderbaren Vortrag mit sehr guten Informationen, doch die Leute – für die dieser Vortrag gehalten wird – haben kein Geld. Was wird ihnen dieser Vortrag helfen?

Wenn also Leute zu uns kommen und uns wunderbare Geschichten vom Jen­seits erzählen, sind sie auch fähig, uns etwas zu geben, mit dem wir beginnen können? Sie halten nur schöne Reden. Wo alle Philosophien der Welt enden, dort beginnt die Religion. Man muss et­was erhalten, mit dem man beginnen kann; mag es wenig sein oder mehr, ver­steht ihr?

Ihr könnt also eine Erfahrung da­von erhalten. Sie birgt große Süße und Glückseligkeit in sich.

Nun sagt er, dass es sehr schwierig ist, sich über das Körperbewusstsein zu erhe­ben. Yogis haben Hunderte von Jahren gebraucht, um sich über den physischen Körper zu erheben. Sie praktizierten Kumbhak, Atemkontrolle in den ver­schiedenen Zentren (Chakras) im Kör­per. Schließlich gelangten sie zum sech­sten Chakra hinter den Augen, welches der Sitz der Seele im Körper ist. Dann sa­hen sie und kamen mit dem Tonprinzip in Verbindung. Wie lange das dauert!

Wenn jedoch Meister kommen, geben sie euch gleich am Beginn ein wenig von ihrer Aufmerksamkeit, und wie viele Leute auch immer dort sein mögen, all ihre Aufmerksamkeit wird zurückgezo­gen, geht nach oben und das innere Au­ge öffnet sich. Ihr erhaltet eine Erfah­rung vom Licht- und Tonprinzip, womit ihr beginnen könnt. Was für ein großes Zugeständnis ist das heutzutage!

Und wie gibt der Meister es? Es ist sehr schwierig, sich über das Körperbewusstsein zu erheben, und euch wird, we­niger oder mehr, eine Erfahrung davon gegeben, wie man sich erhebt; ihr erhal­tet ein Anfangskapital von Licht und Ton, um damit beginnen zu können. Dann müsst ihr es weiter entwickeln!

Wo die Philosophien der Welt enden, wie ich euch bereits sagte, da beginnt die Religion. Religion bedeutet: "re" – zu­rück, "ligio" – binden; eure Aufmerk­samkeit, welche der äußere Ausdruck der Seele ist, von außen ganz zurückzu­ziehen und mit Gott in euch in Verbin­dung zu bringen.

Nun erhebt sich die Frage, wie der Meister dies gibt. Guru Amar Das gibt das Beispiel von Collyrium, welches auf die Augen gelegt wird. Gott gibt das Collyrium jenes inneren Wissens, das hinter den Augen (am Sitz der Seele) zu erfahren ist. Er gibt es auf ganz prakti­sche Weise. Versteht ihr? Wenn das Col­lyrium auf die Augen gelegt wird, be­ginnt ihr zu sehen.

In ähnlicher Weise zieht ein Gott­mensch oder Heiliger, nennt ihn mit wel­chem Namen ihr wollt, eure Aufmerk­samkeit von außen zurück und bringt sie nach oben hinter die Augen. Dann seht ihr Licht.

Wie gibt euch ein Gottmensch oder Heiliger dieses innere Wissen, das Colly­rium von Licht und Ton? Indem Er eure Aufmerksamkeit von außen zurückzieht und sie zum Sitz der Seele hinter den Au­gen bringt, wozu die Yogis Hunderte von Jahren brauchten, um das zu erlan­gen. Wenn ihr die Augen schließt, seht ihr Dunkelheit. Wenn der Meister euch jedoch eine Meditationssitzung gibt, wird eure Aufmerksamkeit von außen zurückgezogen, geht nach oben, die Dunkelheit schwindet, und ihr seht Licht! Ihr selbst könnt dann bezeugen, dass es Licht ist.

Er sagt nicht, dass ihr es erst in Hun­derten von Jahren bekommen werdet, nach dem Leben, am Ende des Lebens oder in zehn Jahren. Er gibt euch sofort etwas, womit ihr beginnen könnt. Zuerst ist alles dunkel. Dann, wenn ihr selber seht, seid ihr überzeugt. So erzählt Guru Amar Das seine Geschichte.Alle Heiligen sagen, dass diejenigen, die Gott nicht sehen und Ihn loben, Blin­de sind. In der Terminologie der Heili­gen ist ein Blinder nicht einer, der keine Augen (im Kopf) hat, sondern einer, dessen inneres Auge nicht geöffnet ist und der das Licht Gottes nicht sieht. Kabir sagt: "Ich sehe lauter Blinde um mich herum. Wären es nur einer oder zwei, könnte ich es ihnen erklären. Doch wohin ich auch sehe, alle sind blind!" Ei­ne sehr direkte Aussage, doch sie ist wahr. Der Lehrer des Menschen ist der Mensch. Gott wohnt in jedem Herzen, doch nur derjenige, in dem Gott offen­bart ist, kann auch euch einen Beweis davon geben, das ist alles.

Die Gnade Gottes wirkt durch einen Menschenkörper. "Das Wort wurde Fleisch" kann man sagen. Gott offen­bart sich in einem Menschenkörper. Jene Kraft zieht eure Aufmerksamkeit von außen zurück, bringt sie nach oben und dann seht ihr Licht; euer inneres Auge oder Einzelauge wird geöffnet. Es wird geöffnet, wenn eure ganze Aufmerksam­keit von außen zurückgezogen wird, ihr euch über die Chakras erhebt und den Sitz der Seele im Körper erreicht, wel­cher hinter den Augen ist. Dann seht ihr selbst.

Aus diesem Grund sagt uns Guru Amar Das: "Diejenigen, die Gott in all den weltlichen Dingen – im Äußeren finden möchten oder in äußeren Übun­gen, sie mühen sich umsonst." Diese äu­ßeren Bemühungen sind vergleichbar mit einem Mann, der obwohl er Tag und Nacht arbeiten muss, kein Geld dafür be­kommt.

Die wahre Sache besteht darin, Gott zu erkennen.

Die Leute befassen sich nur mit den äußeren Formen. Dadurch können wir jedoch Gott nicht sehen. Natürlich sind das gute Handlungen, die euch gute Er­gebnisse bringen, doch euer Ego wird nicht beseitigt und euer Kommen und Gehen geht weiter. Diejenigen, die unter der Kontrolle des Gemütes und der nach außen gehenden Sinne sind, die mit ih­nen identifiziert sind, sagen: "Wie kann dort Licht im Innern sein? Wer sagt das? Wenn man die Augen schließt, ist alles dunkel!" Sie glauben es nicht. Erst wenn sie es selbst sehen, dann müssen sie sa­gen: "Ja, da ist etwas!" Der Meister sagt also, dass man nichts glauben soll, was ein Meister sagt, solange man nicht selbst eine Erfahrung (sei es wenig oder mehr) erhalten hat und sie bezeugen kann. Das ist das Werk eines Meisters oder Heiligen, wodurch ihr das Richtige vom Falschen, die reißenden Wölfe von den Lämmern unterscheiden könnt. Gu­ru Amar Das sagt: "Mit der Gnade des Meisters habe ich Gott gefunden!" Wie? Durch Selbst-Analyse.

Der Makrokosmos ist im Mikrokos­mos. Als er sich über das Körperbewusstsein erhob – es gibt drei Stufen des Ge­müts: erstens, das physische, zweitens das astrale und drittens das kausale Ge­müt – sagte er: "Als ich mich über den physischen Körper und das physische Gemüt erhob, sah ich Licht. Als ich mich über das astrale Gemüt und den astralen Körper erhob, sah ich mehr Licht. Als ich mich auch darüber erhob, war noch mehr Licht da!"

Es ist wie bei einer brennenden Lam­pe, über die drei oder vier Hüllen gelegt sind: ihr könnt kein Licht sehen. Wenn man aber eine Hülle entfernt, seht ihr ein wenig Licht. Entfernt man die zweite, seht ihr mehr Licht. Entfernt man die dritte, wird noch mehr Licht sichtbar.

Gott ist alles Licht.

Erhält man ein Anfangskapital des Licht- und Tonprinzips, wird es mehr und mehr und entsprechend der Dichte der verschiedenen Ebenen immer wun­derbarer und süßer. Guru Amar Das er­zählt alles darüber, wie er Gott erlangte, indem er sich durch Selbstanalyse vom physischen Körper und physischen Ge­müt, vom astralen Körper und astralen Gemüt und vom kausalen Körper und kausalen Gemüt trennte.

Nun sagt er weiter: "Ein Gottmensch oder Mensch-in-Gott oder nennt ihn wie ihr wollt, Sadhu, Heiliger, älterer Bruder oder Vater, Er gibt euch eine Erfahrung des Lichtes, indem Er eure Aufmerk­samkeit ins Augenzentrum bringt. Dann seht ihr Licht.

Wenn ihr dort verweilt, seht ihr wirklich und ihr beginnt Gott zu loben.

"Diese Leute, die Gott loben, ohne Ihn zu sehen, sind wie Blinde!" Natür­lich sind das gute Handlungen, das leug­net der Meister auch nicht, es sind gute Taten, seht ihr, und doch ist das eigene Handeln dabei. Die natürliche Folge wird sein: "Wie ihr sät, so werdet ihr ernten!"

Nun geht Guru Amar Das weiter: "Dieser Menschenkörper ist ein wunder­bares Haus: es hat zehn Tore. Neun sind sichtbar, eines ist verborgen!" Zwei Au­gen, zwei Ohren, zwei Nasenlöcher, der Mund und zwei unten sind offen und sichtbar. Neun Tore sind offen zur Sin­neswelt, und es gibt ein zehntes Tor hin­ter den Augen, durch das die Seele, wenn sie dorthin gelangt und sich das Einzelauge öffnet, ins Jenseits geht. Er sagt: "Solange du nicht deine Aufmerk­samkeit von außen, von den neun To­ren, zurückgezogen hast und nicht zum zehnten Tor gelangt bist, kannst du we­der das Licht sehen noch das Tonprinzip hören!" Er gibt uns ganz klar seine gan­ze Lebenserfahrung. Die Leute sagen, dass die Heiligen diese Dinge geheimhal­ten. Nein, nein; sie sagen es ganz öffent­lich, versteht ihr? Es ist für euch alle.

Wenn ihr euch erheben könnt, tut es! Wenn nicht, lasst euch von je­mandem helfen!

Weiter sagt er: "Als ich mich erhob, zog ich meine Aufmerksamkeit von au­ßen, von den neun Toren zurück und kam zum zehnten Tor hinter den Augen. Dort hörte ich die süßen Melodien der Sphärenmusik, Nada." Das gibt euch al­le Glückseligkeit.

Solange man nicht in Verbindung ist mit jener Gotteskraft, welche Shabd, Wort oder Naam genannt wird, sieht man, wenn man die Augen schließt, Dunkelheit. Wenn ihr jedoch eure Auf­merksamkeit von außen zurückzieht, und zum Sitz der Seele, der hinter den Augen liegt, kommt, dann öffnet sich das Einzelauge und ihr seht Licht.

Es ist besser ins Jenseits zu gehen mit einem Auge, als mit zwei Augen in die Hölle geworfen zu werden. Versteht ihr? ("Es ist für dich besser, einäugig in das Reich Gottes einzugehen, als mit zwei Augen in das Feuer der Hölle geworfen zu werden." Mark. 9,47-48)

"Wenn dein Auge einfältig ist, wird dein ganzer Körper voller Licht sein!" – "Eng ist das Tor!" ("Eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und nur wenige sind es, die ihn finden." Matth. 7,14) Lest die Schriften! Es sind Hinweise auf das Jenseits – wie die Seele den menschlichen Körper verlässt.

Nun sagt er: "Solange nicht die Dun­kelheit beseitigt wird und ihr das Licht Gottes nicht von Angesicht zu Angesicht seht, endet euer Kommen und Gehen (in dieser Welt) nicht!"

Wenn ihr Gott seht, wenn ihr seht, dass Er die Kraft ist, die euch kon­trolliert, dann verliert ihr euer Ego und müsst nicht wieder (in diese Welt) kommen. Doch solange ihr nicht das Licht Got­tes in euch seht, gebt ihr euch nur den äußeren Formen hin, wie sie in den Kir­chen, Tempeln und Moscheen zur tägli­chen Andacht üblich sind. Bei den Hin­dus gibt es folgenden Brauch: Wenn je­mand auf dem Sterbebett liegt, geben sie ihm eine brennende Lampe in die Hand und bitten ihn: "Schau in das Licht!", und sie lesen ein Mantra vor, welches be­deutet: "Dieses Licht wird dich zu Gott führen!" Hand und Lampe jedoch blei­ben beide hier, seht ihr? Welches Licht wird also dort (im Jenseits) sein?

Jenes Licht, das bereits in euch ist.

Ihr könnt es sehen, wenn ihr das zehn­te Tor im Körper erreicht und euer inne­res Auge, Drittes Auge oder Einzelauge, geöffnet wird. So sagt er: "Wer hat den Schlüssel dazu?" Angenommen, ihr möchtet in ein Haus gehen, dessen Tür jedoch verschlossen ist. Der Besitzer des Hauses hat den Schlüssel einem Ange­stellten oder Diener gegeben. So müsst ihr also zuerst die Erlaubnis des Hausbe­sitzers haben. Wenn er die Erlaubnis gibt, dann bittet er den Diener: "Geh und schließ die Tür auf!"

Wo wohnt Gott? Er wohnt in dem Tempel, den Er im Mutterleib er­schuf. Er wohnt in diesem Men­schenkörper.

Er hat ihn abgeschlossen, und wem hat Er den Schlüssel gegeben? Dem "Gott-im-Menschen" oder "Menschen-in-Gott", nennt ihn Heiligen oder wie ihr wollt. Er gibt euch eine Meditationssitzung. Er zieht eure Aufmerksamkeit von außen zurück zum Sitz der Seele im Kör­per und ihr seht Licht. Entsprechend dem Hintergrund eines jeden bekommen einige mehr, andere weniger (Erfah­rung), doch jeder erhält etwas, womit er beginnen kann.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei dem Heiligen. Gott, der den Körper schuf, verschloss ihn und gab den Schlüssel dem Heiligen, damit er die Tür öffnen kann, wenn Er die Erlaubnis dazu gibt. Nicht allen wird die Initiation gegeben, Gott wählt aus, wir werden von Ihm ausge­wählt.

Nicht wir wählen, sondern Er ist es, der auswählt.

Wen wählt Er aus? Zum Beispiel ist da ein Büro, in dem einige Stellen frei sind. Der zuständige Beamte dort hat ei­ne sehr schöne Handschrift und er ver­langt, dass alle Bewerbungen hand­schriftlich zu ihm kommen. Er geht sie alle durch; Hunderte von Anträgen sind da, er geht sie durch, blättert sie durch, und welche sehr schön geschrieben sind, nimmt er heraus. Versteht ihr? Weil er jene Eigenschaft hoch einschätzt, die er selbst hat.

Gott sieht also diejenigen, die mehr nach Gott verlangen als nach der Welt.

Gott wohnt in euch, und Er trifft Vor­kehrungen, um euch (mit jemandem) in Verbindung zu bringen, der euch auf den Pfad stellen kann. Das ist alles. Er wählt euch aus. Er bringt diejenigen, die sehr große Sehnsucht nach Ihm haben mit jemandem in Verbindung, damit sie auf den Weg gestellt werden können.

Nun wiederholt Guru Amar Das: "Der menschliche Körper ist eine Höhle, in welcher es dunkel ist. Gott wohnt dar­in." "Er ist so groß", wie Prophet Mo­hammed sagte, "doch Er kann im Her­zen eines Ergebenen wohnen." Er ist überall verborgen – die äußere Erschei­nungswelt ist auch Gott, alles, was ihr seht, ist der Ausdruck Gottes. Zuerst seht ihr nur Dunkelheit – wenn sich je­doch euer inneres Auge öffnet, dann seht ihr:

"Es ist alles Licht, Gott ist überall. Es gibt keinen Ort, wo Er nicht ist."

Doch wie kann das erlangt werden? ... Es ist bereits da. Es ist nur eine Frage, sich von außen zurückzuziehen und zum Sitz der Seele zu gelangen. Wenn ihr selbst dorthin gelangen könnt, versucht euer Bestes! Wenn ihr es könnt – was wollt ihr mehr? Wenn es euch nicht ge­lingt – dann lasst euch von jemandem helfen, so wie ihr in äußeren Dingen auch die Hilfe eines Lehrers braucht. Sitzt einfach bei jemandem, der euch all das gratis gibt, denn alle Gaben Gottes sind frei: Luft, Sonne, Wasser, Erde. Diese Erde ist ein Geschenk Gottes. Zu Füßen von jemandem zu sitzen, der euch dies alles frei gibt, ist notwendig.

Das Wort "Gurmukh" bedeutet, wenn eure Augen in Verbindung kom­men mit den Augen des Gottmenschen, dann erwacht man zu höherem Leben, denn ein Drittel der Lehre wird mündlich vermittelt und zwei Drittel durch Aus­strahlung. Hingabe ist also notwendig. Durch Hingabe entwickelt ihr Empfänglichkeit, und dadurch lernt ihr.

Weiter sagt er: "Wenn ihr den vollen Gewinn aus dem menschlichen Körper ziehen wollt, der die goldene Gelegenheit ist, die wir erhalten haben, um Gott zu erkennen, dann sitzt zu den Füßen eines Heiligen!" Wenn wahre Sehnsucht da ist, sieht Gott, der in euch ist, dass ihr wirklich nach Ihm ruft, und Er trifft Vorkehrungen, um euch dorthin zu brin­gen, wo ihr auf den Weg gestellt werden könnt. Ihr selbst könnt dann Zeugnis ablegen, dass es so ist. Ihr werdet etwas erhalten, womit ihr beginnen könnt; ent­sprechend dem Hintergrund eines jeden, der eine mehr, der andere weniger.

Das also erzählte Guru Amar Das, als er zu den Füßen seines Meisters kam. Er gab die Essenz der Lehre in einer Hymne wieder.

So hat jeder Heilige seine Vergangen­heit und jeder Sünder eine Zukunft. Es gibt Hoffnung für jeden. Als Guru Amar Das diesen Stand erreichte, sagte er: "Einmal war ich wie ihr. Jetzt habe ich  mich  mit  der  Gnade  Gottes  erhoben!" Was bewirkte die Gnade Got­tes? "Ich war wie ein Stein unter Wasser, vollkommen unter der Kontrolle der nach außen gehenden Sinne. Er zog mich heraus und offenbarte sich mir."

Es gibt also Hoffnung für jeden, der den menschlichen Körper hat.

Deshalb wird der menschliche Körper so gepriesen. Sogar die Engel verbeugen sich vor ihm. Die Seelen aller Rishis aus der Vergangenheit wählten den mensch­lichen Körper, wenn sie wieder in die Welt zurückkehrten, nachdem sie sich der Glückseligkeit auf höheren Ebenen erfreut hatten. Ihr habt wirklich großes Glück, dass ihr den menschlichen Körper erhalten habt.

Jetzt ist die goldene Gelegenheit für euch, um Gott zu erkennen.

Alle anderen Dinge geschehen auf­grund der Rückwirkungen aus der Ver­gangenheit, der Ausgleich von Geben und Nehmen findet statt. Die fließende Feder Gottes hat uns aufgrund der Rückwirkungen aus der Vergangenheit miteinander verbunden, als Brüder, Schwestern, Frauen, Männer oder El­tern. Der Gottmensch oder Mensch-in-­Gott bringt euch in eine noch engere Verwandtschaft, welche bereits besteht. Als man zu Christus sagte, während viele Menschen um ihn waren: "Deine Mutter ist gekommen!", antwortete er: "Wer ist meine Mutter? Diejenigen, die den Wil­len meines Vaters tun, sind mir Mutter, Bruder und Schwester, sie sind die Mei­nen!" ("Denn wer den Willen Gottes tut, der ist mir Bruder, Schwester und Mut­ter." Mark. 3,35) Das ist die wahre Ver­wandtschaft, in welcher uns ein Gott­mensch verbindet, seht ihr? Als Mensch seid ihr alle eins.

Die Seelen sind vom selben Wesen wie Gott, wir sind alle Brüder und Schwestern in Gott.

Wir verehren denselben Gott, den wir mit verschiedenen Namen benennen. Nun aber ist es höchste Zeit, Ihn zu se­hen. Wir haben die goldene Gelegenheit dazu erhalten, so lange schon haben alle, die hier sitzen, den menschlichen Körper – zwanzig, dreißig, vierzig, fünfzig oder sechzig Jahre. Aber habt ihr Gott er­reicht? Wenn ja, dann ist es gut. Wenn nicht – beeilt euch! Jetzt habt ihr die Gelegenheit dazu erhalten.

All das konnte ich durch ein paralleles Studium aller Heiligen Schriften erfah­ren und indem ich zu den Füßen meines Meisters saß, so wie Guru Amar Das, von dem ich euch gerade vorgetragen habe. Er verbrachte siebzig Jahre mit der Suche nach Gott, und als er eine Erfah­rung von Ihm erhielt, zeigte er den ande­ren: "Dies ist der Weg!"

Das habe ich euch also vorgetragen. Ich danke euch für euer geduldiges Zu­hören. All das, was ich gefunden habe, habe ich euch vorgetragen. Danke also, dass ihr diese Gelegenheit wahrnehmen konntet und euch Zeit genommen habt von eurem vielbeschäftigten Alltag, um geduldig dem zuzuhören, was ich erken­nen konnte. Ich danke euch für all das.

Eine Sache habe ich noch zu sagen, besonders für diejenigen, die bereits ini­tiiert sind. Für sie sind zwei Dinge not­wendig: Zuerst Meditation – es ist das Brot und Wasser des Lebens, kein Tag sollte vergehen, ohne dass ihr diese Nah­rung zu euch nehmt. Ihr werdet gebeten, so viel Zeit dafür einzusetzen wie ihr nur könnt, mindestens zwei Stunden täglich. Als ich zu meinem Meister kam, fragte ich Ihn, wieviel Zeit ich dafür einsetzen sollte. Ich war Familienvater, und hatte zwei Kinder, ich war Angestellter und verdiente meinen Lebensunterhalt. Er sagte: "Setze mindestens fünf bis sechs Stunden dafür ein, wenn mehr, um so besser!" Seht ihr?

Schließlich sind wir es, die dafür ar­beiten müssen. Daher setzt mindestens zwei Stunden dafür ein, wenn ihr mehr einsetzen könnt, dann ist es gut. Es wird euch helfen. Wenn nicht – zwei Stun­den von vierundzwanzig sind nicht viel. Ein Zehntel sollte gegeben werden. Ein Zehntel von vierundzwanzig Stunden sind zwei Stunden und zwanzig Minu­ten. Gut, euch wird noch ein Zugeständ­nis von zwanzig Minuten gemacht.

Das zweite ist, ihr solltet das Tage­buch führen. Diese Dinge wurden bisher nur gegeben, wenn das Gefäß bereits rein war, wenn die Menschen dazu bereit waren. Nun aber haben sich die Zeiten geändert. Wer kann schon jahrelang zu Füßen eines Meisters sitzen? So wird euch also etwas gegeben, mit dem ihr zu­erst beginnen könnt, und ihr werdet ge­beten, es durch Selbstprüfung zu erhal­ten, indem ihr alle Fehler im Leben aus­merzt und auch jeden Tag regelmäßig Zeit für die Meditation einsetzt.

Wenn ihr alle Unvollkommenheiten in euch ausmerzt und auch regelmäßig Zeit für die Meditation einsetzt und etwas er­haltet, mit dem ihr beginnen könnt, dann wird sich diese Erfahrung von Tag zu Tag entwickeln. Dafür ist also das Tagebuch notwendig, damit ihr selbst erkennt, wer ihr seid, welches die Fehler in eurem Leben sind, seht ihr? Es ist wie wenn wir in die Kirche gehen zum Priester, wenn wir beichten und beten: "O Gott, das habe ich getan, ich will es nicht wieder tun!" Seht ihr, tut es hun­dertmal am Tag.

Wenn ihr also etwas erhalten habt, um damit zu beginnen, so muss das weiterentwickelt werden. Es ist für euch selbst, nicht wahr? "Lernt zu sterben, damit ihr zu leben beginnen könnt!" Keine Angst vor dem Tode, kein Stachel des Todes bleibt mehr. So setzt also regelmäßig Zeit ein, um das Brot und Wasser des Lebens zu erhalten. Gebt zuerst eurer Seele das Wasser des Lebens, dann gebt das Brot des Lebens dem Körper. Gott wird euch helfen.

Meine guten Wünsche sind mit euch.