Der menschliche Körper ist ein heiliges Buch Gottes. Studiert es! Durchforscht es! Wer sich über die Ebene der Sinne erhoben hat und sich selbst erkannte, erkannte Gott. Das ist das allerhöchste Ideal.

Sant Kirpal Singh

Harmonie

Auszug aus einem Gespräch mit Sant Kirpal Singh vom 2. September 1964, Washington D.C.


Frage: Könntet Ihr uns sagen, was wir tun können, um die Harmonie unter uns allen zu fördern?


Sant Kirpal Singh: An erster Stelle sollten wir das Vergangene vergeben und vergessen. Das ist das Allerwichtigste. Wie ich schon gestern Abend erklärt habe, entstehen viele Missverständnisse dadurch, dass wir durch die Ohren der anderen hören und durch die Augen der anderen sehen. Gebt nichts darauf, dann wird alles richtig laufen. Was auch geschehen sein mag, falls es überhaupt so war, man kann es jetzt nicht mehr ändern. Vergesst es. Wer vergessen kann, ist ein sehr starker Mensch. Die meisten Menschen können nicht vergeben. Um vergeben zu können, braucht man ein ganz weites Herz. Und wie kann jemand, der anderen nicht vergeben möchte, erwarten, dass Gott ihm vergibt?

Wir wünschen uns, dass uns vergeben wird. Wir beten darum. Gott wird uns aber nur vergeben, wenn wir auch den anderen vergeben. Wenn wir dem anderen nicht vergeben, in dem Gott ist, wie kann Gott, der im anderen ist, dann uns vergeben? Versteht ihr?

Das Wichtigste ist also zu vergeben. Aber nicht nur zu vergeben, sondern auch zu vergessen. Beginnt ganz neu und hört in Zukunft nicht auf das, was die anderen erzählen. Sie erzählen das, was sie gehört oder gesehen haben, aus ihrer Sicht. Solange ihr aber etwas nicht mit eigenen Augen gesehen habt oder mit eigenen Ohren gehört habt, glaubt es nicht. Wenn euch jemand etwas Ungutes erzählt, denkt daran, dass der Mensch verschiedene Stimmungen hat; wir sind nicht vollkommen. Wenn wir die anderen lieben, verschönt diese Liebe alles, auch wenn es noch so schlimm ist. Seht es von diesem Standpunkt aus. Das ist der einzige Weg.

So sollten wir mit der Vergangenheit umgehen. Und was die Zukunft betrifft: Macht einen neuen Anfang! In eurem Gemüt sind viele kleine Dinge bereits eingeprägt und wenn dann ein anderer sagt: "Es ist so und so", wirken diese Dinge, wie wenn man durch rußgeschwärzte Gläser schaut.

Das Erste ist also, zu vergeben und zu vergessen. Gleichzeitig aber führt eure Tagebücher. Prüft euer tägliches Leben, tragt alle eure Schwächen in das Tagebuch ein und bemüht euch, sie zu beseitigen. Das ist das, was man im Äußeren tun kann. Das andere ist, regelmäßig Zeit für die Meditation einzusetzen. Beides zusammen wird sich wunderbar auswirken.

Wenn ihr beim Feuer sitzt, verschwindet alle Kälte. Wenn ihr mit dem Licht- und Tonprinzip in Verbindung seid, verlassen euch alle Schwächen auf ganz natürliche Weise. Einige Schwächen werden durch die äußere Selbstprüfung verschwinden und andere, indem ihr mit der Gotteskraft im Innern in Verbindung seid. So wird eure Liebe wachsen. Wenn man von Liebe erfüllt ist, wenn sie überfließt, sieht man alles mit anderen Augen und man kommt auch im Inneren weiter.

Was aber noch wichtiger ist als das, ist zu wissen, dass wir für eine gemeinsame Sache arbeiten. Wie ich gestern abend schon sagte – die Verbindung, die unter uns geschaffen wurde, kann niemals enden oder brechen, nicht einmal nach dem Tod. Wir sind dankbar, dass wir den menschlichen Körper erhalten haben, wir sind dankbar, dass wir eine Erfahrung erhalten haben, mit der wir auf dem Weg beginnen können, und  noch dankbarer sind wir, dass wir miteinander so verbunden wurden, dass diese Beziehung nie aufgelöst werden kann. Wenn einer, der mit euch verwandt ist, euch ins Gesicht schlägt – zum Beispiel euer Kind – was würdet ihr tun? Würdet ihr es töten? Ihr würdet wohl sagen: Ach, es ist eben nur ein unwissendes Kind.

Ihr arbeitet für die eine gemeinsame Sache und so ist es doch umso besser, je mehr einer tun kann. Je mehr jeder Einzelne tun kann, umso mehr wird er von den anderen respektiert. Aber achtet darauf, dass keine egoistischen Gefühle dabei aufkommen und ihr denkt "ich bin der Bessere".

Nehmt das Wort "world" (Welt) – w-o-r-l-d. Wenn ihr das "l" herausnehmt, bleibt "word" (Wort) übrig. Das Wort ist Gott. Wenn ihr euer Ich herausnehmt – den Gedanken, dass ihr handelt – gehört ihr Gott. Ihr werdet zum Sprachrohr Gottes. Ich denke, wenn ihr das zwei oder drei Monate getan habt, werdet ihr einen großen Wandel feststellen.

Manchmal herrscht die Einstellung: "Ich weiß mehr; ich bin wichtiger." Wir sind insoweit wichtig, als Gott durch uns wirkt. Wir alle arbeiten für Ihn. So braucht ihr euch nicht darum zu kümmern, ob euch jemand arbeiten sieht oder nicht. Seid wahr zu Ihm. Er ist in euch. Ich glaube, dass ihr das in ganz kurzer Zeit selbst sehen könnt. Ihr werdet immer mehr in der Liebe wachsen.

Kann ein anderer mehr tun oder kommt jemand, um euch zu helfen – umso besser, freut euch darüber. Hier geht es nicht darum, etwas in der Hand zu halten oder über andere zu dominieren.

Das sind ganz einfache Dinge und ich denke, ihr wisst das alles bereits, ich erzähle euch nichts Neues.

Zu allererst sollten wir vergeben. Wir mögen täglich viele vorgefasste Meinungen haben: "Dieser oder jener hat das zu mir gesagt. Er denkt so über mich." Dieses Vorurteil ist bereits in euch, denn ihr beurteilt alles, was geschieht, durch diese rußgeschwärzten Gläser.

Wenn ihr all das beachtet, denke ich, werdet ihr von Tag zu Tag fortschreiten und es wird unter euch mehr Liebe sein. Wir sollten volles Vertrauen in alle haben, die auf dem Weg sind. Auch anderen könnt ihr vertrauen, gute Menschen gibt es überall. Aber, bei Gott, ihr wurdet ausgesucht, gute Menschen zu sein!

Ich erinnere mich an einen Vorfall zur Zeit des dritten Guru der Sikhs, Guru Amar Das. Ein Initiierter badete gerade sein Kind im Fluss, als jemand zu ihm gelaufen kam und sagte: "Meister möchte, dass du zu Ihm kommst." Was tat er? Er ließ einfach das Kind zurück und lief zum Meister. Die anderen fragten ihn: "Was machst du denn? Dein Kind wird ertrinken!" – "Aber nein, mein Bruder ist ja bei ihm!", antwortete er.

Ein solches Vertrauen sollten wir zueinander haben. Wir arbeiten alle für dieselbe Sache – das zu verstehen genügt. Seht es nicht vom individuellen Standpunkt aus, betrachtet es aus dieser (universalen) Sicht. Doch das kann sich nur entwickeln, wenn wir über niemanden schlecht denken. Sogar wenn ein anderer schlecht über euch denkt, verletzt es euch dann nicht. Es wird euch nur verletzen, wenn ihr es persönlich nehmt.

Einmal kam jemand zu Lord Buddha und begann, ihn heftig zu beschimpfen. Ihr könnt feststellen, dass solche Feindseligkeit durch Rivalität oder Gruppenbildungen entsteht. Der Mann kam am Abend und beschimpfte Buddha, bis die Nacht hereinbrach. Wenn jemand voller Ärger ist, vergisst er alles um sich herum. Als es finster wurde, dachte er: "Es wird dunkel; jetzt muss ich gehen." Als er sich umwandte, sagte Buddha zu ihm: "Warte, lieber Freund" – "Ja, was wollt Ihr mir sagen?" – "Wenn jemand ein Geschenk mitbringt und der, dem er es mitbrachte, es nicht annimmt, bei wem verbleibt es dann?" – "Natürlich bei dem, der es brachte." – "Gut", sagte Lord Buddha, "ich nehme das, was du mitgebracht hast, nicht an!" Das sind die Lektionen, die wir aus dem Leben großer Menschen lernen können. Schon seit meiner Schulzeit las ich sehr gerne Biographien. Ihr werdet finden, dass alle großen Menschen eine besondere Eigenschaft hatten. Wir brauchen nur ihren Fußspuren zu folgen.

Ich sage euch, Gott zu erreichen ist nicht schwer, aber den Menschen zu entwickeln ist schwierig. Wir sind alle auf dem Weg zur Vollkommenheit, einige haben zehn Prozent verwirklicht, einige zwanzig, einige vierzig, doch wir sind noch nicht ganz vollkommen. Aber wir sollten "vollkommen sein, wie unser Vater im Himmel". Das ist unser Ziel. Gott liebt alle, sogar die, die Ihn beschimpfen und nicht an Ihn glauben. Ist es nicht so? Wenn ihr Gott in euch erkennen wollt, solltet auch ihr alle lieben.

Ich denke, dass das der einzige Weg ist. Ich habe euch nichts Neues erzählt; doch wir sollten mit einem reinen Herzen beginnen. Was vergangen ist, ist vorbei und wir sollten es vergessen: zuerst vergeben und dann vergessen. Doch selbst beim Vergeben sagen wir: "Ich habe dir bereits einmal vergeben, warum sollte ich dir noch einmal vergeben?" Diese Frage stellte man auch Jesus: "Wie sollten wir uns verhalten, wenn es darum geht, anderen zu vergeben? Wie oft sollten wir ihnen vergeben?" – "Was  sagen eure Schriften?" – "Sieben Mal." –  "Ich aber sage euch, vergebt ihnen siebzig mal sieben."

Die Schriften sind nicht nur dazu da, dass man sie liest und darüber nachdenkt. Wir sollten etwas aus ihnen lernen. Und das, was ihr daraus lernt, sollte zum festen Bestandteil eures Lebens werden, dann werdet ihr euch grundlegend verändern.

Ich denke, du hast eine sehr gute Frage gestellt. Ich habe euch gestern bereits den Hinweis gegeben, dass alles nur an uns selber liegt. Ob nun du an dieser Stelle arbeitest oder ein anderer oder XYZ – ihr alle arbeitet für die Sache des Meisters. Kleine Fehler können hier und da auftreten, doch wenn wir es vom Standpunkt der Liebe aus betrachten, werden wir sehen, dass jeder auf seine Art das Beste tut.

Noch eines: wir sollten lernen, die anderen auch zu achten. Wenn ihr nur das lernt, wird das bereits allen Schmutz hinwegfegen, denke ich, und es wird kein weiterer Schmutz hinzukommen. Wisst es zu schätzen, wenn einer auch nur eine Kleinigkeit tut. Tut er mehr, achtet es noch mehr. Diese Wertschätzung wird euch davor bewahren, dass euer Gemüt Probleme bekommt und noch mehr Schmutz hinzugefügt wird.  Wir achten die anderen nicht, sage ich euch. Wir sagen: "Ich habe am meisten getan. Was ich kann, kann sonst niemand." Wenn so der Egoismus aufkommt, wird alles verdorben. Selbst ein wenig Gift, auch wenn man es in etwas Süßes mischt, wird euch töten.

Noch einmal: Es ist nicht schwer, Gott zu erreichen, aber es ist schwierig, sich zu einem Menschen zu entwickeln. Das braucht Zeit. Der menschliche Körper gibt uns die goldene Gelegenheit dazu, jeder Mensch kann sich ändern. Es gibt Hoffnung für jeden; jeder Heilige hat seine Vergangenheit und jeder Sünder eine Zukunft. Einer, der jetzt studiert oder einen Doktortitel hat, war auch einmal in der ersten Klasse.Wer jetzt im ersten Schuljahr ist und dieselbe Hilfe und Führung bekommt, kann später auch einmal denselben Titel erhalten. Wir sollten jeden auf seiner Ebene akzeptieren. Wenn man einen Magister- oder Doktortitel hat und denkt: "Warum macht er es nicht so wie ich?", enthält das eine gewisse Herablassung. Diese Dinge, die sich nach und nach ansammeln, versetzen das Gemüt in Unruhe und vertreiben jedes Fünkchen Liebe in euch.

Vergebt und vergesst. Habt Achtung für das, was der andere tut. Arbeitet für die gemeinsame Sache. Denkt nicht, dass andere weniger tun. Warum tut ihr nicht euer Bestes? Jeder einzelne sollte sein Bestes tun und einer sollte den anderen achten.

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