Karma
Frage: Bitte erklärt uns die Ursache des Lebensdramas.
Sant Kirpal Singh: Alles ist ein Ausdruck des unerbittlichen Gesetzes des Karma. Der Wunsch ist die Ursache der Bindungen und der Wiedergeburten. Solange man nicht zum bewussten Mitarbeiter am göttlichen Plan wird durch vollkommene Selbsthingabe und das Auslöschen des Ego, kann man das Ziel der spirituellen Vollkommenheit nicht erreichen. Eine ausführliche Erklärung findet ihr im Buch "Karma – das Rad des Lebens".
Frage: Weshalb müssen unsere früheren Leben für uns verborgen sein?
Sant Kirpal Singh: Das hat seinen Sinn. Das ganze Leben des Menschen ist ein Schauspiel auf der Grundlage des unerbittlichen karmischen Gesetzes, durch das die Seelen in Verbindung gebracht und getrennt werden, um das gegenseitige Geben und Nehmen auszugleichen. Wenn wir über die karmischen Schulden, die dabei eine Rolle spielen, Bescheid wüssten und wir unsere Söhne und Töchter nur als unsere Schuldner aus der Vergangenheit sähen, würde das den Zweck, zu dem wir sie großziehen, in Frage stellen. Es ist eine der Hauptaufgaben der negativen Kraft, diese Wahrheiten vor den Menschen geheimzuhalten, um das Leben auf der Erde in Gang zu halten.
Du wirst vielleicht erstaunt sein zu hören, dass Kal drei große Zugeständnisse vom Allmächtigen erhalten hat, so steht es im Sar Bachan geschrieben. Es sind:
1. Niemand weiß über sein eigenes vergangenes Leben Bescheid.
2. Niemand darf den genauen Zeitpunkt seines Todes kennen.
3. Der lebende Meister darf den Menschen die heilige Initiation nicht gewähren, indem Er Wunder zeigt, sondern nur, indem Er Satsang hält. Wenn die Lieben von sich aus kommen und nach der Initiation verlangen, nur dann dürfen sie initiiert werden.
Frage: Wenn Metaphysiker (Geistheiler) heilen, geschieht das durch die Kraft Gottes oder durch Kal (negative Kraft)?
Sant Kirpal Singh: Die Heilung durch "Metaphysiker" fällt in den Bereich der negativen Kraft; dabei werden die bestehenden karmischen Schulden für einen (bestimmten) Zeitraum aufgehoben, müssen aber eines Tages mit Zins und Zinseszinsen wieder zurückgezahlt werden.
Die gnädige Gotteskraft bestraft die Seelen nicht wirklich, sondern übt Gerechtigkeit, die je nach unserem Karma durch Barmherzigkeit abgemildert wird.
Was der Himmel verfügt, ist in keinem Fall dem Irrtum unterworfen, und was von Gott zugeteilt wird, enthält immer auch etwas von Seiner Gnade.
Frage: Kann sich das Karma bei Nationen wie bei Einzelpersonen auswirken?
Sant Kirpal Singh: Ja. Die angehäuften Rückwirkungen der karmischen Schulden von Nationen wirken sich in Kriegen, Epidemien und Zerstörungen durch Feuer oder Fluten usw. aus.
Frage: Wie wirkt sich das Karma bei niederen Tieren aus?
Sant Kirpal Singh: Niedere Tiere oder Schöpfungsformen sind durch ihre vergangenen karmischen Schulden gebunden. Sie laden sich während ihrer Lebenszeit kein weiteres Karma auf. Sie sind nur dazu geboren, ihren karmischen Ausgleich zu erfahren.
Frage: Kann ein Sünder wie ich in dieser Lebensspanne Gott erreichen?
Sant Kirpal Singh: Ja, du kannst in dieser Lebensspanne Gott erreichen, vorausgesetzt, du bemühst dich und hältst dich genau an die Anweisungen des Meisters. Lass Seine Worte in dir lebendig, und lebe du in Ihm. Dir wurde die kostbare Gabe der heiligen Initiation gewährt, die ein gültiges Visum bis Sach Khand (die Ebene reinen Geistes) ist, und deine ernsthaften Anstrengungen und deine Ausdauer werden dich zu gegebener Zeit mit der Verwirklichung deines Wunsches segnen.
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Frage: Gewährt Gott auch jenen von uns Gnade und Vergebung, die sich – wie ich selbst – schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben? Ich habe Hunderte von Menschen im Kampfeinsatz getötet. Man kann in eine Position kommen, in der man gezwungen ist, zu töten.
Sant Kirpal Singh: Ja, ich erklärte es gerade. Es gibt ein Gesetz der Gerechtigkeit und ein Gesetz der Gnade – beide existieren.
Wenn eine Kerze brennt, herrscht darunter immer Dunkelheit; wenn eine Lampe brennt, ist die Dunkelheit darüber. Beides sind Naturgesetze. Es gibt ein Gesetz der Gerechtigkeit und es gibt ein Gesetz der Gnade. Das Gesetz der Gerechtigkeit lautet – wie sagt ihr? "Auge um Auge, Zahn um Zahn". Da gibt es für niemanden ein Entrinnen. Aber es gibt auch ein Gesetz der Gnade, das wirksam wird. Ich werde euch sagen, wie: Wenn ihr bewusst werdet – der Geliebte Gottes, Gott-im-Menschen – denn Gott allein kann diese Verbindung mit Ihm geben. Er begegnet uns durch eine Person – einen menschlichen Pol, in dem Er offenbar ist. Wenn ein Mensch Ihm folgt und seine vergangenen Taten bereut, nimmt Er ihn unter Seine Obhut.
Erinnert ihr euch an die Stelle in der Bibel, in der berichtet wird wie eine Dirne auf Christus zuging? Sie kam in das Haus, in dem er sich aufhielt, wusch seine Füße mit ihren Tränen und trocknete sie mit ihrem Haar. Simon, der Pharisäer, der dabei war, dachte: "Seltsam, wenn er ein Meister ist, dann ist er seinen Grundsätzen untreu geworden. Ist es ihm nicht klar, dass diese Frau hier eine Dirne ist?" Christus erwiderte – denn er konnte die Herzen der anderen lesen: "Nun Simon, sieh her." Dieser sagte: "Ja?" "Wenn jemand einem Mann 50 Pennies schuldet und ein anderer schuldet diesem 500 Pennies, und der Mann, dem sie das Geld schulden, erlässt es beiden, wem, glaubst du, hat er einen größeren Gefallen getan?“
Und Simon dachte: "Vielleicht will er nur seine Sünde verbergen." – Jeder Mensch denkt eben so, wie es seinem eigenen Zustand entspricht. Er antwortete: "Demjenigen, dem er die 500 erlassen hat." Da sagte Jesus: "Schau, ich kam in dein Haus und du hast mich nicht willkommen geheißen. Du hast nicht meine Füße gewaschen und du hast mir nichts angeboten. Sie aber ist gekommen und hat geweint, und mit ihren Tränen wäscht sie meine Füße." Und zu ihr sagte er: "Ich vergebe dir alles, denn du bist voller Liebe."
Es gibt auch das Gesetz der Gnade. Wenn ihr bereut und Gott-im-Menschen zu Füßen fallt, werden in diesem Fall, da es Gott ist, der im Menschen wirkt (und Gott konnte die Welt erschaffen), eure Rückwirkungen aufgehoben. Wie ich euch eben erklärte – wer ist fähig, Sünden zu vergeben? Nur Gott allein; Gott kann Sünden vergeben. Ist es nicht so? Gott ist dazu in der Lage.
Es geht darum, dass wir uns an die Gesetze halten müssen, die der Ebene entsprechen, in der wir wirken. Wenn wir uns über den Körper erheben und zum bewussten Mitarbeiter am göttlichen Plan werden, wie ich euch schon sagte, werden alle Rückwirkungen, alle Karmas abgewickelt.
Es wirkt also ein Gesetz der Gnade oder Barmherzigkeit – für das wir uns würdig erweisen müssen. Beides sind Gesetze; auch das Gesetz der Gerechtigkeit wirkt. Ich sage euch: Eine Saat wird gesät. War die Henne vor dem Ei oder war das Ei vor der Henne? Gibt es eine Lösung? Nein. Gab es zuerst den Samen oder gab es zuerst den Baum? Man kommt so zu keiner Lösung. Wenn ihr über diese Stufen des Denkens hinausgelangt und euch über die physische, astrale und kausale Ebene erhebt und zum bewussten Mitarbeiter am göttlichen Plan werdet, werden alle Saaten verbrannt und können nicht mehr keimen und wachsen. Das ist der Stand der Dinge.
Wenn ihr einen Sohn habt, und dieser hatte mit jemandem eine Schlägerei, würdet ihr als Vater ihn etwa zur Polizei schicken? Ihr würdet ihm ein-, zweimal einen Klaps geben – ihr selbst – aber ihr würdet ihn nicht der Polizei überlassen. So ähnlich ist das.
Liebe ist das größte Gesetz. Liebe kennt – ? Haltet meine Gebote! Also greifen die Heiligen im allgemeinen nicht (ins Karma) ein. Die aber alles Ihm übergeben, werden gerettet.
Wie ich also sagte, beide Gesetze bestehen: Es gibt das Gesetz der Gerechtigkeit, aber es gibt auch das Gesetz der Gnade.
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Was tun die Meister wenn sie in die Welt kommen? Sie wickeln alle Handlungen, alle Karmas ab. Und wie? Die Karmas sind ohne Ende – Aktion und Reaktion gehen immer weiter. Wir säen neue Saaten; einige tragen Frucht, andere liegen auf Vorrat: So geht es immer weiter, wieder und wieder – ohne Ende. Selbst die Inkarnationen (unter "Inkarnationen" sind z.B.: Avatare wie Krishna oder Rama zu verstehen) können nicht sagen: "Ich werde entkommen."
Was tun die Meister? Für diejenigen, die zu ihnen kommen, legen sie eine Richtschnur für die zukünftige Handlungsweise fest: Seid gegen niemanden feindselig, weder in Gedanken, noch in Worten und Taten. Seid wahr in all eurem Tun: Kein Getue, keine Show – nicht im Herzen etwas anderes haben als das, was man ausspricht; nicht andere täuschen. Und seid rein in Gedanken, Worten und Taten. Liebt alle, und dient selbstlos. Dieses Verhalten soll man für die Zukunft festlegen. Wenn man das einhält, nun, dann sät man keine neuen Saaten mehr.
Bemerkung: Das ist ziemlich hart ...
Sant Kirpal Singh: Doch es besteht Hoffnung. Sei unbesorgt. Das scheint alles hart zu sein, aber dennoch besteht Hoffnung. Was die Rückwirkungen anbelangt, wird für den Schüler noch mehr getan; nicht nur das. Die Meister geben ihm eine Verbindung mit Gott im Inneren, mit dem Licht und Ton Gottes im Innern. Das führt dazu, daß die Rückwirkungen aufgelöst werden und ihm von innen her geholfen wird. Sie (die Meister) haben Liebe für alle, und natürlich werden die Dinge (dadurch) leichter. Das ist die eine Sache. Die Karmas, die jetzt Frucht tragen und auf denen unser jetziges Leben basiert, rühren sie nicht an. Würden sie diese anrühren, würde der betreffende Mensch sterben, denn sie sind die Grundlage unseres (jetzigen) Lebens. Was aber tun sie? Sie geben der Seele Nahrung – das Brot des Lebens. Sie gewähren eine Verbindung mit dem Licht- und Tonprinzip im Innern: Das ist das Brot des Lebens – und die Seele wird dadurch stark.
Was ist die Folge? Wenn die Auswirkung der gegenwärtigen Karmas eintritt – manchmal in Form von Armut, manchmal in Form von Krankheit, ein anderes Mal als dieses oder jenes –, dann verlieren all diese Rückwirkungen ihre schmerzhafte Wirkung, weil die Seele stark geworden ist. Es ist genauso wie bei einem Kampf, bei dem ein Schwacher dabei ist, während die anderen alle sehr stark sind. Wenn der Schwache einen Schlag erhält, weicht er zurück und sagt: "Man bringt mich um!" Die anderen, die stark sind, kümmern sich nicht einmal darum, auch wenn sie viele Schläge einstecken müssen; einfach deshalb, weil sie stark genug sind.
Rückwirkungen kommen also sicher, aber ihr erhaltet diese Stärke der Seele, indem ihr das Brot des Lebens zu euch nehmt, was bedeutet, mit dem Licht- und Tonprinzip im Innern in Verbindung zu kommen. Das gegenwärtige Leben verläuft dann auf diese Weise. Wenn ihr mit Gott in Verbindung kommt – wenn ihr zum bewußten Mitarbeiter am göttlichen Plan werdet –, werden alle Karmas, die noch auf Vorrat liegen, verbrannt; genauso, wie wenn ihr Samen im Ofen röstet – sie keimen nicht mehr. Auf diese Weise wird das ganze Karma abgewickelt. Aus diesem Grund heißt es: "Was nützt es, zu einem Meister zu gehen, wenn diese Rückwirkungen nicht beendet werden?" Wenn ihr zu Füßen eines Löwen kommt und vor den Schakalen Angst habt, welchen Sinn hat es dann, zu einem Löwen zu gehen? So wird das Karma abgewickelt: Erstens, indem eine bestimmte Lebensweise vorgeschrieben wird; und zweitens, durch eine innere, eine höhere Verbindung.