Welche Dinge uns helfen, uns selbst zu erkennen und was dabei nicht hilfreich ist, wie wir uns von den nach außen gerichteten Sinnen und dem Intellekt lösen können - das ist ein Thema, in dem es um die Praxis geht. Das versteht man wirklich unter Spiritualität.
Sant Kirpal Singh

Alle Menschen sind eins

Auszug aus einem Vortrag von Sant Kirpal Singh, SSE, März 1972

Was hier im Satsang gelehrt wird, ist nicht das Monopol einer bestimmten Religion oder Sekte. Es ist die Lehre, die allen Religionen zugrunde liegt. Der Mensch ist ein soziales Wesen und braucht eine Gemeinschaft, in der er leben kann. Es gibt mehr als 700 verschiedene Glaubensrichtungen und Sekten und wenn jemand glaubt, alle religiösen Symbole und Zeremonien müssten gleich sein, so ist das schon allein durch die klimatischen Unterschiede und gesellschaftlichen Gepflogenheiten nicht möglich.

Einmal wollte jemand Christus provozieren und fragte ihn, wie es mit dem Steuerzahlen zu halten sei. Christus ließ sich eine Münze in der Landeswährung bringen. Er zeigte sie ihnen und fragte sie, wessen Bild und Name auf der Münze eingraviert sei. Sie sagten: "Das des Kaisers." Da antwortete Christus: "Dann gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gott gehört."

Welche Kennzeichen ihr im Äußeren auch tragen mögt, belasst es dabei und behaltet euren Glauben, eure Sprache, eure Symbole und Bräuche. Die Seele aber ist vom selben Wesen wie Gott und wir sind alle Seine Kinder. Deshalb gehört die Seele Gott – gebt sie Ihm!

Grundsätzlich werden hier zwei Dinge gelehrt: Das Eine ist, dass die Seele Gott erkennen muss, und das andere, dass der Mensch, bevor er die Wahrheit erkennen kann, sich selbst erkennen muss. Die Worte, die in den heiligen Schriften aufgezeichnet sind, wurden von denen ausgesprochen, die die Wahrheit verwirklicht hatten. In ihrem Namen wurden dann die Religionen gegründet. Alle sagten, dass es das höchste Ziel des Menschen ist, den Herrn zu erkennen, und das kann nur im menschlichen Körper erreicht werden. Den menschlichen Körper zu haben ist also ein großer Segen und jeder sollte dieses edle Ziel mit entschlossenem Herzen anstreben.

All die verschiedenen Glaubensrichtungen entstanden nach der Ankunft einer großen Seele und wer dieser großen Seele begegnete und ihre Gnade erhielt, erkannte die Wahrheit und kostete den Nektar des Herrn. Zu der Zeit, als diese großen Seelen die Welt wieder verließen, entstanden Schulen oder Religionen, um ihre Lehren frisch und lebendig zu erhalten. Ihre Kennzeichen tragen wir jetzt. Solange die Gott-verwirklichten Seelen hier waren, erhielten die Menschen ihren Segen, doch nach ihrem Weggang begann das bezahlte Predigen, weil es an praktisch verwirklichten Menschen fehlte. Die Gedankenschulen, die mit einem edlen Ziel gegründet wurden, stagnierten – und dann kam es zum Verfall. Doch Meisterseelen kommen immer wieder, um die Wahrheit erneut zum Leben zu erwecken. Wir verehren alle den gleichen Herrn und wir alle sind Seine Kinder. Kabir sagt: "Die Seele ist vom selben Wesen wie Gott." Gott mag tausend Namen haben, mit denen man sich an Ihn wendet, aber wir sind eine einzige Menschheit. "Wir sollten akzeptieren, dass es nur eine menschliche Kaste gibt." Wurden wir nicht alle auf die gleiche Weise geboren? Äußerlich und innerlich wurden alle Menschen gleich geschaffen, auch wenn wir nicht die physische Gestalt sind. Wir haben die physische Gestalt. Von all den achtmillionenvierhunderttausend Daseins-Formen ist die menschliche Form der König und die Größe des menschlichen Körpers besteht darin, dass man in ihm Gott erkennen kann.

"Erhältst du den menschlichen Körper, bist du an der Reihe, Gott zu begegnen." Was für ein unbeschreiblicher Segen! Endlich ist die Zeit gekommen, Ihn zu erkennen. Ihr seid jetzt an der Reihe, Ihm zu begegnen. Auch heißt es: "All eure Taten werden euch nicht wirklich weiterhelfen." Gibt es eine andere Aufgabe, die wir erfüllen müssen, wenn wir diese menschliche Gestalt erhalten haben? Denkt daran: Das Muster eures Lebens entspricht dem Geben und Nehmen entsprechend den Taten in den vergangenen Leben. All das sollte beendet werden und ihr solltet in eure wahre Heimat zurückkehren. Wie können wir das menschliche Leben am besten nützen? "Bleibt in der Gemeinschaft eines Sadhu und wiederholt nur Naam." Wer ist der Sadhu? Gott ist in jedem Wesen und doch liegt im Sadhu eine besondere Größe, auch wenn er geboren wurde wie wir.

"Mein Herr ist in jedem Wesen, kein Ort ist ohne Ihn; ich aber gebe mich der Form hin, in der Er sich offenbart."

Gott offenbart sich selbst in dieser Welt – in der Form des Sadhu. Er ist in allen, aber Er ist nicht in allen offenbart. So ist also der offenbarte Gott im Menschen überaus notwendig, jemand, der unsere Aufmerksamkeit von den äußeren und weltlichen Dingen abzieht und uns über die Sinne erhebt, um uns dann wieder mit Gott zu verbinden, der bereits in uns wohnt.

"Verbinde mich wieder mit Gott – wer auch immer du bist!"

Ist sonst noch etwas notwendig, um mit dem Herrn wieder verbunden zu werden? Sadachar – die wahre Lebensweise – ist eine grundlegende Voraussetzung. Das Gemüt, das unter den schlechten Einflüssen von außen Amok läuft, muss zurückgeholt werden, nur dann kann man wirklich vorankommen. Das größte Hindernis besteht darin, dass die Seele unter der Kontrolle des Gemüts steht und das Gemüt wiederum unter der Kontrolle der Sinne. Die Befreiung von dieser Gebundenheit wird durch ein rechtschaffenes Leben beschleunigt. Als Zoroaster gefragt wurde, welche Qualifikationen man brauche, um zu Gott zurückzukehren, antwortete er: "Rechtschaffenheit". Man fragte ihn, was Rechtschaffenheit sei, und er sagte: "Gute Gedanken, gute Worte und gute Taten." Wir sollten – wie die Meister – immer das Gute in allen Menschen sehen und die Entwicklung aller sollte uns am Herzen liegen. "O Nanak, Dein Naam ist immerwährend – durch Deine Gnade wird die ganze Welt gesegnet!" Guru Nanak betete: "Frieden sei auf der ganzen Welt nach Deinem Willen, o Herr." So haben die Meister also in jedem Zeitalter dieselbe Lehre gebracht, einschließlich der, dass man sein Leben auf reine und keusche Weise führen sollte. Blutbefleckte Kleider sind unrein; wie kann man Frieden erlangen, wenn man Menschen auspresst bis aufs Blut? Niemand möchte blutbefleckte Kleider aufbewahren, sie gelten als unrein. Aber was ist mit den Menschen, die anderen das Blut aussaugen, nur um Gewinn zu machen? Wie kann Friede in ihrem Herzen sein? Die Welt ist im festen Griff der täuschenden Dinge. "O Nanak, reinige dein Herz, um Gottes Naam zu erhalten." Auch heißt es: "Wenn das Gemüt schmutzig ist, ist alles schmutzig. Den Körper zu waschen reinigt nicht das Gemüt." Und: "In den Tiefen der Täuschung vergisst diese Welt alles  – sehr wenige lösen das Geheimnis." Die Menschen treiben in tiefem Vergessen umher. Lebt in eurer Religion, aber führt ein reines und diszipliniertes Leben, denn das ist notwendig, um den Herrn zu erkennen.

"Gesegnet sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen."

Die physische Gestalt ist auch ein Teil der Täuschung und ein anderer Name für Täuschung ist Vergessen. Wodurch begann das alles? Es fing an, als wir in den Körper kamen, denn obwohl wir der Bewohner des Körpers sind, wurden wir zu seinem Abbild und vergaßen unsere wahre Natur. Die Maschinerie des Körpers aber kann nur arbeiten, weil wir im Körper sind. Aber unglücklicherweise wurden wir zum Sklaven der Sinne und in diesem Zustand wurden wir durchtränkt von den schlechten Einflüssen der Welt. "Die Täuschung begann mit dem Körper, der in der Farbe der Untugenden gefärbt wurde. Ein solch schmutziges Gewand liebt Gott nicht, wie kann ich in Seinen Schoß gelangen, trage ich ein solches Kleid?" Eine Frau, die nur schmutzige Kleider hat, wagt es nicht, das Haus ihres Herrn zu betreten.

Alle Meister, auch die Muslim-Fakire, lehrten dasselbe, und auch hier ist es nicht anders. Die Betonung liegt auf einer rechtschaffenen Lebensweise und Gott-Erkenntnis – das ist alles. Das ist die grundlegende Lehre, die seit Anbeginn aller Zeiten existiert. Der Mensch hat sie und ihre Methode vergessen und so kommen immer wieder Meister, um dieselbe Wahrheit wieder zum Leben zu erwecken. Denkt daran: Alle menschlichen Wesen sind eins. Es gibt keine höher gestellten oder untergeordneten Menschen. Ob man im materiellen Leben einen höheren oder niedrigen Stand hat, hängt mit den karmischen Rückwirkungen aus vergangenen Leben zusammen. Alle Menschen sind eins und alle Seelen sind eins. Es gibt nur eine Menschheit, wir aber heften uns Etiketten an, die uns als Hindu, Moslem, Christ, Buddhist und so weiter ausweisen. Die ursprüngliche Absicht hinter diesen äußeren Kennzeichen war, zum Menschen zu werden, zu einem wirklichen menschlichen Wesen. Aber wir wurden Hindus, Moslems, Christen, Buddhisten und so weiter, aber nur dem Namen nach. Was seid ihr wirklich? Einfach nur Mensch. Nein, nicht einmal ein Mensch, sondern der Bewohner dieser menschlichen Gestalt, der höchsten Form von allen achtmillionenvierhunderttausend Daseins-Formen. Selbst die Götter verehren die menschliche Form und verlangen danach, sie zu erhalten. Warum? Weil das die kostbarste Zeit und Gelegenheit ist, in unsere wahre Heimat zurückkehren zu können.

"Er, der den Körper schuf, gab den Schlüssel dem Meister."

Der Erbauer des Hauses verschloss es und gab den Schlüssel dem Meister zur sicheren Verwahrung. Gott schuf das Haus und Er selbst wohnt darin. Leider haben wir dieses Wissen verloren und fahren fort, nach dem Vorbild des von Gott geschaffenen Tempels – der menschlichen Form – Orte der Verehrung zu erbauen. Und in diese Nachbildungen stellen wir die Symbole des Herrn (Licht und Ton) in der äußeren Form von Glocken, Kerzen und so weiter. Der Mensch ist von diesen Nachbildungen durch Zeitalter hindurch so sehr eingenommen, dass es ihm nie in den Sinn kommt, dass er selbst im wahren Tempel Gottes lebt. Gott wohnt nicht in Tempeln aus Stein. Als ich dies während eines Vortrags in England erwähnte, stand ein Bischof auf und sagte: "Sie haben eine Atombombe auf unsere ganze Kirchlichkeit geworfen!" Was für ein natürlicher Tempel ist die menschliche Gestalt – mit der Erde zu Füßen und dem Himmel darüber! Und doch sind die Menschen so sehr an die äußeren Tempel, Formen und Formalitäten gebunden. Ist ein äußerer Tempel besser als ein anderer? Wenn ja, wo bleiben dann die anderen? Wenn es dieselben Symbole von Licht und Ton in ihnen gibt, welcher Tempel ist dann der beste? In Wahrheit ist das der beste Ort, wo Er selbst sich befindet – und das ist in diesem menschlichen Körper.

"Dieser Körper ist der Tempel Gottes und in ihm erstrahlt das Licht der Wahrheit in aller Fülle."

Wenn dasselbe Licht an allen heiligen Orten brennt, wie kann sich dann die Frage von Unterschieden und Uneinigkeit erheben? Das Problem ist, dass wir das wahre Ziel des Menschen vergessen und Gott aus Seinem eigenen Haus, dem von Ihm selbst erbauten Haus, hinausgeworfen haben und Ihn nun draußen warten lassen. Mehr noch: Wenn bei einer dieser Nachbildungen auch nur eine Ecke verunstaltet wird, werden ohne zu zögern Hunderte von wahren Tempeln Gottes geopfert – nur für ein lebloses Abbild. Könnt ihr verstehen, was das bedeutet?

Hier wird keine spezielle Religion verehrt, aber wir achten alle Religionen, denn das wahre Ziel aller Religionen ist die Gott-Verwirklichung. Wenn ihr Gott erkennen wollt, macht euer Leben rechtschaffen. Guru Arjan Sahib sammelte die Aussagen vieler Meister und fügte sie zu einem großen Buch zusammen, das als Guru Granth Sahib bekannt ist. Gott schickt den Meister, wenn er benötigt wird. Im Koran Sharif steht geschrieben: "Er hat sie in jedes Land geschickt." Sie kommen und befreien das Leben von der Täuschung. Vor fünfhundert Jahren standen die beiden verbreitetsten Religionen Indiens, Hinduismus und Islam, in unvereinbarem Gegensatz zueinander und bekämpften einander in völliger Vergessenheit. Kabir Sahib und Guru Nanak Sahib waren Zeitgenossen und kamen, um die Unwissenheit der Menschen zu beseitigen. Zu dieser Zeit herrschte großer Hass zwischen den Religionen. Durch die Arbeit der Weltgemeinschaft der Religionen wurde die Engstirnigkeit beträchtlich reduziert. Nun ist es zumindest möglich, friedlich zusammen zu sitzen. Dennoch sind sie immer noch unnachgiebig – die Hindus wollen, dass alle Hindus der Welt sich vereinigen, und die Moslems möchten, dass alle Moslems der Welt eins sind – und so weiter. Sie wollen gewaltige Pfeiler der Trennung innerhalb ihres eigenen Systems errichten – wie lange wird die Toleranz anhalten? Und wie soll es so wahre Integration geben? Wenn die Meister die Wahrheit verbreiten, entsteht wahre Integration auf der gemeinsamen Grundlage des Menschen. Warum sollten dann nicht alle Menschen der Welt eins werden?

Die Bedeutung hinter Manav Kendra – Zentrum zur Entwicklung zum Menschen – ist, die ursprüngliche Einheit wieder herzustellen, die bereits besteht, aber durch äußere Unterschiede verdeckt wird. In erster Linie sind wir Menschen, und dann mag man uns unterschiedliche Bezeichnungen und Titel geben. Durch ein vergleichendes Studium der Religionen könnt ihr sehen, dass die Meister – die wahren Menschen – in verschiedenen Religionen geboren wurden, aber sie sind deshalb nicht das Monopol einer einzigen Religion. Grundsätzlich sind sie alle ein und dasselbe, denn als Gott den Wunsch hatte, aus einem viele zu werden, entstand eine Schwingung, und aus dieser Schwingung gingen die beiden Aspekte von Licht und Ton hervor. So ist Gott also Licht und Ton (die Musik der Sphären), ganz gleich, welchen Namen man Ihm gibt. Wenn die Meister kommen, sind sie der positive menschliche Pol, in dem der Herr wohnt und sich voll offenbart – sie sind der im Menschen offenbarte Gott. Es ist schade, dass die Menschheit, mit Ausnahme ganz weniger wahrer Gottsucher, an der Faszination der Kopien festhält und das Original vollständig vergisst.

Guru Nanak Sahib und Kabir Sahib waren Zeitgenossen und Kabir Sahib sagte: "Wir sind weder Hindus noch Moslems; wenn ihr an uns denkt, seht uns als eins!" Guru Nanak sagte: "Wir sind weder Hindus noch Moslems, Allah und Ram ist der Atem unseres Körpers." Jedes Wesen hat Gott in sich, aber es geht darum, dass unser (inneres) Auge geöffnet wird, damit wir Ihn sehen können.

"Seht durch die Gnade des Meisters, dass Gottes Tempel in euch ist!"

Wenn das innere Auge geöffnet ist, kann man das ganz klar sehen. Die Seele und Gott leben in nächster Nähe wie zwei Brüder, aber die Seele ist immer mit äußeren Dingen beschäftigt – könnte sie sich nur von außen zurückziehen, würde sie Gott begegnen. So kommen die Meister, um die Seelen aus dem Vergessen herauszuholen.

"Betrachte den als Höchsten, in dem der Herr sich offenbart."

Ravi Das war ein erleuchteter Heiliger, der kurz nach Kabir kam, aber die Leute sagten von ihm, er sei nur ein Schuster. Nun, hat Gott die Kasten geschaffen oder die Menschen? Das Kastensystem geht auf weltliche Berufe und Tätigkeiten zurück, was hat das also mit Gotterkenntnis durch die Spiritualität zu tun? Kann man Gott erkaufen, weil man einen bestimmten Vater hat oder Ihn ererben? Er gehört der Seele, die sich wirklich nach Ihm sehnt. Warum wird auf diese Tatsachen so viel Wert gelegt? Weil sich die Welt mehr und mehr in tiefem Vergessen verliert. Wahrer Integration kann man sich nur auf der Ebene des Menschen erfreuen. Was ist der Unterschied zwischen dem einen Menschen und dem anderen? Warum dürstet einer nach des anderen Blut? Warum gehen sich die Menschen ständig gegenseitig an die Kehle? Weil wir uns unterschiedliche äußere Etiketten angeheftet haben. In den Geschichtsbüchern könnt ihr das bestätigt finden. Dies hier ist eine gemeinsame Plattform für alle. Sie wird Ruhani Satsang genannt, was einfach spirituelle Versammlung bedeutet – nicht mehr und nicht weniger. Es war Hazurs Wunsch, dass eine Basis geschaffen werden sollte, die allen Religionen offen steht, denn alle sind gesegnet. Behaltet also eure äußeren Kennzeichen bei, eure Sprache, eure Sitten, aber werdet rein und keusch und verwirklicht den Herrn.

"Es (das Dritte Auge) befindet sich im Körper, aber es ist einem nicht einmal bewusst – verflucht sei ein solches Leben; o Tulsi, die ganze Welt leidet an grauem Star."

Wenn ihr im Flugzeug aufsteigt, sieht unter euch alles wie ein großes Ganzes aus und man sieht keine Grenzen. So ähnlich ist es, wenn man sich über den Körper erhebt. Die Meister sehen jeden als verkörperte Seele oder als reine Seele – als ein bewusstes Wesen. Sie sagen nicht: "Ihr Christen, ihr Moslems und so weiter, hört uns zu!", sondern sie sagen: "O Mensch, beseelter Körper, höre!" Die Lehren eines wahren Meisters sind für alle, ungeachtet der Religion, Tradition, Kaste oder Nationalität. Soziale Gemeinschaften, Bräuche und Zeremonien sind nur die ersten Schritte, doch aufgrund ihrer Vielfalt erscheinen sie als völlig verschieden und man vergisst, dass ihr Ziel und das, was man durch sie erreichen will, ein und dasselbe ist.

Kabir Sahib sagt, dass alle menschliche Wesen sind, und jetzt ist es an der Zeit, diese edlen Dinge zu verstehen und aus der Trägheit aufzuwachen.

"Erwache, Geliebter, warum schläfst du? Die Nacht ist vorüber, warum auch noch den Tag verlieren?"

Jetzt ist die Zeit zu erwachen, bewusster zu werden. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und denkt daran, dass eure Seele Gott gehört.

"Zuerst wurde Allahs Licht erschaffen, dann entstand das Leben."

Kabir Sahib erklärt, wie die Welt geschaffen wurde. In allen heiligen Schriften findet ihr Aufzeichnungen, dass zuerst das Licht da war. In den Upanishaden steht geschrieben: "Zuerst war die Sonne von Maha Brahmand und in ihr erklang der Ton." Die geheime Unterweisung dazu wurde Devkis Sohn (Lord Krishna) von Ingrish Rishi gegeben. Am Anfang, als der Herr sich zum Ausdruck brachte, entstand Licht und dann erklang der Ton. Diese sich zum Ausdruck bringende Gotteskraft wird Naam und Shabd genannt. Durch Naam kamen Khand und Brahmand ins Sein. Deshalb ist Gott Licht – Licht und Ton sind zwei Aspekte, wie Er selbst sich zum Ausdruck brachte. Nur über Seine Ausdrucksform kann man auf der Ebene des Menschen einen Schimmer von Gott wahrnehmen.

"Durch ein Licht wurde die Welt erschaffen – wer ist hoch und wer ist niedrig?"

Die Menschen graben nach Gold und fördern das verunreinigte Erz,  doch wenn es gereinigt wird, bleibt nur das kostbare Metall übrig. Gott plus Wünsche ist der Mensch und der Mensch ohne Wünsche ist Gott. Die Seele ist ihrem Wesen nach ein Teil der großen Göttlichkeit, deshalb sind alle Kräfte Gottes in der Seele – nur in kleinerem Umfang. Gott sprach: "Aus Einem möchte ich viele werden ..." mit einem Gedanken entstanden Millionen von Flüssen. So schuf Gott mit nur einem Gedanken die Welt! Und wenn wir Wissen um die Wahrheit erlangen, wer wir wirklich sind, und uns aus der Anziehung der äußeren Dinge lösen und im Inneren erwachen, könnten wir dann nicht mindestens eine kleine Stadt erschaffen? Groß ist der Mensch – und wenn Meister die Verwirklichung erlangen und zum Sprachrohr Gottes werden, bewegen sie die ganze Welt.

Archimedes von Syrakus wollte das Zentrum der Schwerkraft finden. Er dachte, wenn ihm das gelänge, könnte er mit diesem Wissen die Welt aus den Angeln heben. Er erkannte nicht, dass das Zentrum der Schwerkraft im Menschen ist. Wenn die Meister kommen, wird dieses Zentrum in Millionen von Menschen erweckt, und durch dieses Erwachen beginnt das richtige Verstehen. Dazu braucht man keine Philosophie – das sind Tatsachen. Wie viele Persönlichkeiten, die Meisterseelen wurden, finden wir bis zum heutigen Tag in der Geschichte? Die wenigen sind schnell gezählt.

Der Mensch ist in den tiefen Schlaf des Vergessens gefallen und deshalb sagen alle Meister: "Mensch, erkenne dich selbst!" Die Worte der griechischen Philosophen waren: "Gnothi seauton – O Mensch, erkenne, wer du bist." Auf Latein: "Nosce te ipsum." Weiß jemand von uns wirklich, wer er ist? Wir wissen nur, dass wir Jones, Smith oder Brown sind oder Christ, Moslem, Hindu. Der Mensch ist zuerst einmal Mensch, dann ist er ein bewusstes Wesen, die Seele, der Bewohner des menschlichen Körpers. Von Natur aus und auf der Ebene der Wahrheit sind wir alle eins.

Als ich im Westen war, sagte ich dasselbe: Die Einheit unter den Menschen besteht bereits, wir haben sie einfach nur vergessen. Alle meine Vorträge waren kostenlos, während normalerweise von den Zuhörern Eintritt verlangt wird – manchmal durch eine Sammlung während des Vortrags oder durch den Verkauf von Eintrittskarten. Als ich die Sammelkästen entfernen ließ, fragte mich jemand, ob ich denn kein Geld haben wolle, und ich sagte: "Nein." Beim allerersten Vortrag in den USA wollte ein Mann 5000 Dollar spenden. Ich fragte ihn warum, und er antwortete, ich hätte einen wundervollen Vortrag gehalten und er wolle die Arbeit unterstützen. Ich sagte ihm, alles sei ein Geschenk Gottes und es sei kostenlos erhältlich, so wie alle Gaben der Natur.

Gibt es reservierte Rechte auf die Worte eines Meisters? Nein, bei dem, was ein wahrer Meister ausspricht, sind keine Rechte vorbehalten. Als die Leute sahen, dass meine Vorträge wirklich alle kostenlos waren, konnten sie nicht begreifen, worum es mir ging. Ich erklärte, dass der Körper der Tempel Gottes sei – was wir vergessen haben, und dass ich gekommen sei, um die Erinnerung daran wieder zu erwecken, damit jeder zu seiner wirklichen  Natur zurückkehren und erkennen könne, wer er wirklich ist. Viele sagen, sie seien die Seele, bewusste Wesen, Bewohner der menschlichen Form, aber wissen sie es wirklich, weil sie den Beweis dafür erhalten konnten? Dies ist meine Uhr, ich kann sie hier hinlegen. Dies ist meine Brille, ich kann sie abnehmen und hier hinlegen. Ich kann meine Kleider ablegen, wann immer ich es möchte. Aber kann ich mich vom Körper lösen? Kann ich den Körper ablegen? Es geht darum, sich mit Hilfe der Selbst-Analyse über das Körperbewusstsein zu erheben. Und wer kann euch diese wissenschaftliche Methode zeigen?

"Durch die Gnade des Meisters könnt ihr euch  selbst erkennen."

Nur dann geschieht es, vorher nicht. Gleiches erkennt Gleiches. Wenn ihr euch selbst erkannt habt, dann ist Gott-Verwirklichung der nächste Schritt. Gott kann nicht durch die Sinne, den Verstand oder die Pranas erkannt werden – nur die Seele kann den Herrn erfahren und das ist erst möglich, wenn sie sich selbst erkannt hat.

Kabir Sahib sagt also, dass die ganze Welt aus einem Licht entstand – wer ist dann hoch und wer ist niedrig? Er wohnt in jedem Wesen, jede Seele ist ein Teil von Ihm, aber leider versinkt die Welt immer tiefer in der Täuschung und richtiges Verstehen ist selten.

"Der ist unser wahrer Freund, durch den unser Missverstehen beseitigt wird." Wenn man die weite Welt durchsucht, wird man nur wenige voll erwachte Menschen finden. Durch richtiges Verstehen erkennen wir, dass wir alle eins sind. "Ein Vater, und wir alle sind Kinder des Einen." Kabir Sahib sagt auch: "Beseitige diesen Konflikt, o Herr: Ist der heilige Ort höher oder der Ergebene des Herrn, der ihn heiligte?" Wo immer sich ein wahrer Schüler aufhält, dieser Ort wird zum Pilgerort. Wie könnte dann der Ort wichtiger sein als der wahre Ergebene des Herrn? Im Urdu-Lesebuch, das vor vierzig oder fünfzig Jahren in den Grundschulen benutzt wurde, stand: "Ihn, der die Erde schuf, Ihn, der den Himmel schuf, Ihn lasst uns verherrlichen!" Die Erde unten und der Himmel oben – das ist der größte Tempel Gottes, und in Miniaturform ist es die menschliche Gestalt. "Dieser Körper, den du siehst, ist das Bild Gottes; in ihm kann Gott gesehen werden."  Man kann Ihn sehen, wenn das verborgene Auge geöffnet wird.

"Erkennt durch die Gnade des Meisters, dass ihr Gottes Tempel erhalten habt. Und: Hört auf die wahren Worte des Meisters, Er spricht von dem, was Er sieht. Und was ist die Aufgabe des Meisters? Der ist ein Meister, der alle zusammenbringt." Die Oberhäupter bestimmter Religionen ermutigen nur bestimmte Leute, im Namen Gottes zusammenzukommen, aber ein wahrer Meister wird alle Menschen um sich versammeln, unabhängig von ihrer Religion, Kaste oder Rasse. Was entsteht, wenn man das alles richtig versteht? Rechte Gedanken und darüber hinaus richtige Worte und daraus werden wiederum richtige Taten folgen.

"Durch ein Licht entstand die ganze Welt. Wer ist hoch und wer ist niedrig?"

Die Meister sind ein Beispiel für richtiges Verstehen. Und wenn alle Menschen richtig verstehen, wird es Frieden geben in der Welt. Wenn dann jemand vom Hungertod bedroht ist, wird es jemanden geben, der sein Essen mit ihm teilt. Es gibt Nahrung für die Hungrigen und Wasser für die Durstigen. Ein Mensch, der sich für andere aufopfert, wird nicht zulassen, dass andere sich für ihn opfern.

Bei der ersten Konferenz der Weltgemeinschaft der Religionen stand das Thema Gewaltlosigkeit auf der Tagesordnung. Ein Moslembruder stand auf und sagte: "Wir glauben nicht an diese Gewaltlosigkeit." Es folgte eine lange und heftige Diskussion, denn alle anderen Religionen und Gruppen hatten dieses Prinzip ohne Frage akzeptiert. Dann stand ich auf und sagte zu diesem Mann: "Bruder, es ist doch ein anerkannter Grundsatz, dass dort, wo es Liebe gibt, man bereit ist, sich aus Liebe zu opfern. Doch andere zu opfern ist verboten, denn Liebe kennt Dienen und Opfern – selbst sein Leben zu geben ist in Ordnung, wenn es für die anderen ist." Er sagte: "Damit bin ich einverstanden." Ich erwiderte: "Nun, so ist dein Einwand beseitigt, denn man sollte nicht anderen das Leben nehmen, um selbst etwas zu erreichen. Das ist also das Prinzip, das wir uns vor Augen halten sollten, denn es ist ein Heilmittel für alle Krankheiten des Unglücklichseins. "O Nanak, die ganze Welt ist unglücklich." Warum? Weil wir unser wahres Selbst vergessen haben, unsere wahre "Kaste" – und den Erhalter allen Lebens.

Das Ziel der Weltgemeinschaft der Religionen ist erreicht, ihre Arbeit getan. Welche neue Verantwortung liegt jetzt vor uns? Nachdem Indien die Freiheit erlangt hatte, sagte Gandhi Ji: "Löst jetzt den Kongress auf, denn seine Arbeit ist getan." Das ist der Grund, warum ich sage, dass die Arbeit der Weltgemeinschaft der Religionen getan ist, sie hat die Religionen zusammengebracht und viel Engstirnigkeit und Fanatismus beseitigt. Doch eine Gefahr besteht: Wenn sich alle Hindus der Welt vereinigen, alle Moslems, alle Buddhisten und so weiter, schaffen sie dadurch neue, gewaltige Pfeiler – und sie sind immer noch von einander getrennt. Wie soll es so wahre Integration geben? Die Antwort auf die weitreichenden aktuellen Probleme der Menschheit ist, dass alle Menschen eins werden müssen. Gott ist eines jeden Gott. Was für ein Frieden kehrt ein, allein schon beim bloßen Gedanken daran! Hoch, niedrig, richtig und falsch – all das ist vergessen, wenn wir das begreifen. So erklärt Kabir Sahib: Hoch und niedrig sind vergessen, wird man ein wahrer Ergebener des Herrn.

Gott ist Liebe, und die Seele, die ein Tropfen aus dem Ozean allen Bewusstseins ist, ist auch das Abbild oder die Wiederspiegelung jener großen Liebe. Da die ursprüngliche Natur der Seele Liebe ist, hätte diese Liebe auf Gott ausgerichtet sein sollen, doch stattdessen zerstreute sie sich draußen in der Welt. Die Menschen kämpfen und töten einander aus Liebe zu äußeren Kennzeichen und Gruppierungen. Wie kann da der Mensch in der Welt glücklich sein?
"Der ist glücklich, der von Naam erhalten wird." Kabir Sahib sagt: "Ich habe niemand im menschlichen Körper gesehen, der glücklich ist." Und als jemand Tulsi Sahib fragte, ob es einen glücklichen Menschen gäbe, antwortete er, die ganze Welt sei unglücklich; manche leiden körperlich, manche psychisch, manche aufgrund der Verzweigungen des Gemüts. Auf die eine oder andere Art leidet jeder. Als sie weiter nachfragten, sagte er: "Glücklich ist, wer einem wahren Meister ergeben ist."

"Vergiss dich nicht selbst in der Täuschung der Welt, Bruder; Schöpfer und Geschöpf, das Geschöpf im Schöpfer – alles durchdringt Er!"

Gott ist in jedem Wesen und wir sind alle in Ihm, wie der Fisch im ewig existierenden Ozean. Er und wir sind nicht voneinander getrennt – es ist ein großer Fehler, sich selbst von Gott getrennt zu sehen. Ein Brahmane  kam einmal zu Kabir Sahib und bemerkte voller Anmaßung: "Ich bin Brahmane und wir Brahmanen entstammen direkt dem Mund Gottes." Manchmal sind die Meister sehr direkt und in diesem Fall sagte Kabir Sahib: "O Brahmane, du wurdest von einer Brahmanin geboren; warum bist du dann nicht auf andere Art in die Welt gekommen?" Es gibt keinen Ort ohne Gott und es ist der Gipfel der Täuschung zu denken, Seine Schöpfung sei von Ihm getrennt. Die ganze Welt ist Sein Bild, könnte der Mensch es nur sehen. "Durch den Segen des Guru können wir Ihn sehen." Lord Krishna sagt in der Bhagavad Gita: "Wer mich in allen sieht und die ganze Schöpfung in mir, ist mein Geliebter."

"Es ist derselbe Ton, verschieden geformt durch den Töpfer. Die Formen sind alle aus dem gleichen Ton und ein bewusstes Wesen wohnt darin."

Der Töpfer formt den Ton zu unterschiedlich geformten Gefäßen, doch der Ton ist derselbe bei allen Gefäßen. Aus demselben Ton kann er einen Wasserkrug formen, einen Elefanten, einen Jungen oder ein Mädchen. Unsere physischen Formen wurden aus derselben Materie gemacht, doch Er gab ihnen unterschiedliches Aussehen, und doch ist in diesem Ton dasselbe bewusste Wesen, die Seele, verborgen. Die ganze Welt ist aus derselben Materie gemacht, die sich ständig verändert, so wie sich die Atome der physischen Form ständig verändern – mit der gleichen Geschwindigkeit. Wenn sich zwei Dinge mit der gleichen Geschwindigkeit verändern, scheinen sie unverändert zu sein. Das ist ein anderer Teil der großen Täuschung.

"Es gibt einen wahren Einen in allem, und durch Sein Handeln geschieht alles."

Dieser Körper ist wie ein wunderschönes Haus, in dem wir wohnen. Die Upanishaden fragen: "Wer ist der große Handwerker, der diesen Körper mit den zahlreichen Öffnungen wie Augen, Ohren, Nase, Mund und den weiteren unten schuf, aus dem der Bewohner doch nicht entkommen kann?" Der Atem verlässt den Körper, doch er bleibt nicht draußen, denn eine Kraft zieht ihn wieder zurück in den Körper. Die menschliche Form ist sicherlich ein wunderbares Haus und behält so lange seine Schönheit, wie wir darin wohnen – wir, die Seele. Und doch, wir sind wie Gefangene in ihm. Er, der alles Leben erhält, kontrolliert uns darin, und Ihn müssen wir kennenlernen. Gott und die Seele leben in Gemeinschaft, doch leider zieht die Seele rastlos umher, verliert sich in äußeren Dingen und spricht nicht mit dem Herrn.

"Wer sich des Göttlichen Plans bewusst ist, ist ein wahrer Mensch."

Im wahren Sinne ist ein "Mann Gottes" jemand, der bewusster Mitarbeiter am Göttlichen Plan wird. Wie erkennt er die Anweisungen des Herrn? "Durch den Segen des Guru erkennt er Seine Anweisungen, indem er während des Lebens stirbt." Zur Zeit des Todes zieht sich die Seele von der äußeren Umgebung zurück und verlässt den Körper. Wenn das während des Lebens geschieht, erhebt sich die Seele, sieht diese Kraft wirken und bewahrt bewusst dieses Wissen in sich. Solange das nicht geschieht, kann man die Anweisungen des Herrn nicht wirklich erkennen. Wenn man wirklich Seine Anweisungen kennt, wird man ein Mensch im wahren Sinne des Wortes.

In der Sikh-Religion versteht man unter "Sikh" einen Schüler, und ein idealer oder vollkommener Schüler wird "Khalsa" genannt, was "der Reine" bedeutet. Wir mögen die äußeren Kennzeichen und Symbole der Sikhs tragen, doch wenn wir nicht zum Khalsa werden – was dann? Der Sikhismus wurde ins Leben gerufen mit dem Ziel, aus Schülern Khalsas zu machen – und was ist ein Khalsa? "Wenn im Innern das überaus strahlende Licht entzündet wurde, dann wisse, dass derjenige der Khalsa ist." Und welcher Status wird ihm gegeben? "Der Khalsa ist meine wahre Form, im Khalsa wohne ich; der Khalsa ist mein starker Satguru." Er ist eine solche Persönlichkeit, die niemals die verlässt, die ihm anvertraut sind. "Jetzt, dann und bis ans Ende wird Er bleiben, nach einer solchen Persönlichkeit verlangt mein Herz." Die Hindus entzünden Lampen und läuten Glocken, doch wer das innere Licht entzündet, ist ein wahrer Hindu. Und wer ist ein wahrer Moslem? Wer das Nur von Khuda sieht, das Licht Gottes, und Kalam-i-Khadim hört, den inneren Ton. Ein wahrer Christ ist derjenige, der das Licht Gottes sieht und das Wort hört, das Wort Gottes. Die, die diesen Zustand erreicht haben, sind alle eins in Ihm.


"Der unsichtbare Herr kann nicht gesehen werden, doch der Guru erzählte uns von Seiner großen Süße."

Solange der Mensch auf der Sinnesebene bleibt, kann er den höchsten Herrn nicht sehen. "Habt ihr euch so hoch entwickelt wie Er, erkennt ihr den höchsten Einen." Es sieht so aus, als wäre in der klaren Luft nichts vorhanden, doch tatsächlich gibt es winzige Lebewesen, die in der Atmosphäre existieren, die mit den groben physischen Augen nicht zu sehen sind. Entweder muss euer Sehvermögen so fein werden, wie diese winzigen Lebewesen, oder die Mikroben müssen so grob werden, wie es dem menschlichen Sehvermögen entspricht, damit sie sichtbar sind. Mit Hilfe eines Mikroskops können wir sie siebenhundertmal vergrößern, um zu beweisen, dass die Atmosphäre tatsächlich mit winzig kleinen Mikroben erfüllt ist. So erklärt Kabir Sahib, dass man sich auf Seine Ebene erheben muss, wenn man den unsichtbaren Herrn zu sehen wünscht.

Kabir sagt: "Meine Zweifel waren beseitigt, als ich den ewig-seienden Herrn aller Schöpfung sah." Nur ein Meister kann wahrhaft bezeugen, dass Gott existiert, denn die Meister sagen ganz klar: "Wir haben Ihn gesehen." –  "In der Gemeinschaft der Sants sieht man den Herrn im Innern." Ihre Worte sind ganz klare Feststellungen. Wie hilft der Meister jemandem, Gott zu sehen? "Begegnet man dem Satguru, so sieht dieses (innere) Auge, und in dieser Wohnstatt (dem Körper) erkennt man die Wahrheit." Und was sagen die Meister über die Menschheit im Allgemeinen? Entschuldigt, aber das ist eine sehr schwerwiegende Bemerkung: "Die ganze Welt ist blind; wären es nur einer oder zwei, könnte ich ihnen Verstehen geben." Kabir Sahib traf diese Feststellung, denn wohin Er auch schaute, sah Er nur spirituell blinde Menschen. Wer ist blind in der Sprache der Heiligen? "Nicht der ist blind, der keine Augen hat; o Nanak, blind ist der, der den Herrn im Innern nicht gesehen hat." Wessen inneres Auge geschlossen ist, der ist blind. Und wer kann das Auge öffnen? "Trifft man den Satguru, sieht das Auge." Der, dessen Auge geöffnet ist, kann die Augen der anderen öffnen, und der, dessen Lampe brennt, kann die Lampen der anderen entzünden. Kabir Sahib sagt, dass Er den Herrn in diesem physischen Tempel gesehen hat, warum können wir Ihn nicht auch sehen? Weil das Gemüt dazwischen steht. Bringt das Gemüt zur Ruhe, dann werdet ihr Ihn sehen! Ein Muslim-Fakir drückt es ganz klar aus und sagt: "Setzt einen Fuß auf das Gemüt und kontrolliert es und der nächste Schritt bringt euch zur Tür des Herrn." Bei der Feier anlässlich meines goldenen Jubiläums bat man mich, in wenigen Worten einen guten Rat zu geben, und so sagte ich: "Seid gut, tut Gutes und seid eins." Das ist ein umfassendes Prinzip, nach dem man leben kann.

Guru Arjan Sahib nennt das beste Heilmittel für alle Krankheiten. Mahatmas sind vollkommen erwachte Persönlichkeiten, sie sehen, wo der Schuh drückt. Sie kennen alle Schwierigkeiten und auch das Heilmittel dafür. "Setzt euch zusammen, meine Brüder, und beseitigt alle Differenzen mit Liebe." Das muss man als Allererstes lernen, denn: "Man kann nicht beschreiben, wie wertvoll es ist, beisammen zu sitzen; o Nanak, das geht über Worte weit hinaus." Das ist die einzige Möglichkeit, Differenzen zu beseitigen, denn sich wirklich zu verstehen, das entwickelt sich erst, wenn alle auf einer Stufe zusammensitzen. Immerhin sind wir doch alle Menschen, Brüder, und wenn wir zusammen sind, entsteht der natürliche Wunsch: "Ich möchte andere so behandeln, wie ich von ihnen behandelt werden möchte." Das ist ein einfaches, aber gewichtiges Kriterium. Helft anderen und sie werden euch helfen. Solange die Menschen sich nicht zusammensetzen, besteht immer der Gedanke, dass einer höher steht als der andere. Vergesst das alles! Wir sind alle Menschen und als Seelen sind wir alle Seine Kinder. Es ist die große Kraft, die alles Leben erhält, und alle sind Seine Ergebenen. Die Dualität muss beseitigt werden, wenn die Menschen miteinander in Frieden leben wollen.Welcher Unterschied besteht überhaupt? Wir wurden alle auf dieselbe Art und Weise geboren. In Wirklichkeit gibt es keine höherstehenden oder zweitrangigen Menschen. Trotz allem ist es ein schwieriges Thema, denn die, die voller Illusion in der Welt leben, errichten schließlich wieder Pfeiler der Trennung ihrer eigenen Gemeinschaft, auch wenn sie mit den anderen zusammensitzen. Wenn die Meister kommen, lösen sie dieses Problem ganz klar und einfach. Sie sagen: "Wer seid ihr?" Ihr seid Menschen, bewusste Wesen, Seelen. Ihr werdet von jener Kraft kontrolliert, die in euch wohnt und die alles Leben erhält; nennt sie, wie immer ihr wollt, oder gebt ihr irgendeine Bezeichnung, aber die Tatsachen bleiben.

"In der Gemeinschaft des Gurmukh setzt euch im Namen Gottes zusammen."

In Seinem Namen können wir alle zusammensitzen, denn wir alle glauben an eine höhere Kraft. Wir können diese Kraft auch das mächtige Atom nennen, wenn ihr wollt, aber wann können wir sie wirklich verstehen? Entweder zum Zeitpunkt des Todes oder wenn wir uns während des Lebens über den Körper erheben. Es gab einmal einen Atheisten, der einen Spruch an der Wand hatte: God is nowhere (Gott ist nirgendwo). Zur Zeit seines Todes kam ein kleines Kind in den Raum und las den Spruch. Laut buchstabierte es: "G-o-d God i-s is n-o-w now h-e-r-e here (Gott ist jetzt hier)." Der Sterbende rief: "Ja, mein Kind, Gott ist jetzt hier." Als er auf dem Sterbebett lag, wurde er sich dieser kontrollierenden Kraft bewusst.

Sitzt zusammen im Namen Gottes. Warum? Denn das ist die gemeinsame Basis für all Seine Ergebenen, ganz gleich, welcher Religion sie angehören. Dann gibt es noch eine gemeinsame Grundlage, die Ebene des Menschen. Seht doch, wie der Ruf einer einzigen Krähe Hunderte von Krähen zusammenbringt innerhalb von wenigen Sekunden! Warum können wir nicht so reagieren? Einfach als Menschen. Doch in wessen Gemeinschaft (ist das möglich)? Nur in der Gemeinschaft einer erwachten Seele können alle Seelen erwachen. Diese erwachte Seele kann richtiges Verstehen vermitteln und nicht nur das, sondern auch eine Erfahrung, bei der man die Wahrheit klar sieht. Ist das nicht mit Sicherheit das beste Heilmittel für all das Elend der Welt und den Mangel an Frieden?
"Geh diesen Pfad, o Bruder, wiederhole Tag und Nacht Gurmukh-Naam, so wird am Ende kein Schmerz sein." Es gibt das äußere Wort und es gibt Gurmukh-Naam (das innere Wort). Das erstere sind Worte, die auf der Ebene des Gemüts und der Sinne wiederholt werden. Die Gottes-Verehrung der ganzen Welt ist auf dieser Stufe. Es wird Apara Vidya genannt oder äußeres Wissen. Gottes Namen zu wiederholen, Härten, Riten, Rituale, Lesen von Schriften, Pilgerfahrten, Fasten, Almosengeben und so weiter ist alles Apara Vidya. Ohne Zweifel sind das gute Taten und sie werden als Lohn die entsprechenden Früchte bringen, doch dadurch kann man nicht aus dem Rad von Geburt und Tod befreit werden.

Die andere Art von Naam ist die, die man von einem Gurmukh oder Meister erhält. Man kann das Sprachrohr des Meisters werden, Gottes in Ihm. Doch gibt es eine Möglichkeit zu wissen, ob man zu einem wahren Gurmukh gekommen ist?

"Das Licht wird im Innern entzündet und man geht darin auf."

Der wahre Gurmukh wird das Licht Gottes in euch offenbaren, denn wenn Er euch meditieren lässt, beseitigt er den Vorhang der Dunkelheit, und das Licht bricht im Innern hervor. Das ist der Segen des Gurmukh. "Der Sant gab mir ein Startkapital." Erstrahlt das Licht im Innern in aller Fülle, kann man dasselbe Licht auch in anderen sehen. Das ist das Bhakti (Hingabe) des Gurmukh und: "Naam ist ein Allheilmittel für jede Krankheit." Naam hat zwei Ausdrucksformen: Die eine ist Licht, die andere der Ton.

"Das Bhakti des Gurmukh bewirkt, dass der Ton hörbar wird."

Geht und sucht, bis ihr jemand findet, der euch das Licht im Innern offenbart und den Ton hörbar macht. Jedes einzelne Wesen hat dasselbe Licht in sich und alle Konflikte werden verschwinden, kommt man mit diesem inneren Licht in Verbindung.

"Spiele das Chaupar-Spiel dieser Welt, das Spiel von Karma und Dharma, und bleibe in Verbindung mit Sat (der Wahrheit)."

Karma ist das, was der Einzelne tut, und Dharma, was die Gesellschaft tut. Nachdem ihr eure Runden im Chaupar-Spiel der Welt mit rechtschaffenen Handlungen gespielt habt, erreicht die wahre Heimat, von wo es keine Wiederkehr gibt.

"Kontrolliere alles Verlangen (Kama), Ärger, Gier und Verhaftetsein. Das ist das Spiel, das der Herr liebt."

Die Lust greift uns über die Augen an, Ärger durch die Ohren. Verhaftetsein entsteht durch Umarmung. Erhebt euch über dies alles und ihr werdet die Verbindung mit der Wahrheit erlangen.

"Erhebt euch vor Sonnenaufgang und nehmt ein Bad. Verbringt die Nächte in liebevoller Erinnerung an Gott."

Seid ganz wach, wenn ihr euch zur Meditation setzt. Wenn ihr schlaft und das liebevolle Denken an Gott in euch ist, wird genau dieser Gedanke in eurem Blutstrom kreisen, und wenn ihr aufwacht, steht ihr im liebevollen Denken an Ihn auf. Es heißt: Vergeudet man die frühen Morgenstunden mit Schlafen, stirbt man, bevor man gelebt hat.

"Mein Satguru bringt mich durch alle Schwierigkeiten hindurch, glücklich und leicht erreiche ich mein Zuhause."

Erfüllt alle notwendigen weltlichen Aufgaben, doch nehmt währenddessen die Hilfe des Sat Sarup ­– von einem, der die Wahrheit verwirklicht hat – in Anspruch. Er wird alles Falsche in eurem Leben berichtigen und euch auf den rechten Weg bringen. Die inneren Hindernisse sind viel gefährlicher als die äußeren, doch Er wird euch sicher durch alles hindurchbringen. "Ein Ergebener, der den Guru als Beschützer hat und nach Seinen Anweisungen lebt, hat keine Furcht in all den drei Welten", sagt Kabir. Gott selbst spielt und Er selbst sieht zu, Gott selbst erschafft das Spiel. Es ist alles Sein Wille. Doch warum? Das weiß Er allein.

"O Nanak, einer, der den Fußstapfen des Gurmukh folgt, kehrt in die wahre Heimat zurück."

Wenn man das Spiel dieses Lebens beendet, sollte man es als Sieger beenden. Werdet zum Gurmukh, zu einem, der eins ist mit dem Meister. Und wer ist der Meister? "Er selbst offenbart sich im Meister und verteilt Shabd." Er ist das Wort, welches Fleisch wurde. Er ist der offenbarte Gott im Menschen. Gott im Menschen oder Mensch in Gott. Er gibt Ratschläge auf der physischen und intellektuellen Ebene und ernährt die Seele mit dem Brot des Lebens. Essen und Trinken ist Nahrung für den Körper und Lesen, Schreiben und Denken sind Nahrung für den Verstand, aber Nahrung für die Seele ist Bewusstsein. So erhält man das eigentliche Brot des Lebens, wenn man mit dem Allbewusstsein in Verbindung kommt. Einer, dessen Seele stark ist, kann viele "liegengebliebene Fahrzeuge" ziehen.

Wo ist diese Nahrung erhältlich? Sie ist bereits in jedem menschlichen Wesen dieser Welt vorhanden. Sie ist der Erhalter des Lebens, doch um sich dessen bewusst zu werden, muss sich die Seele von Bindungen und äußeren Anziehungen lösen. Von der spirituellen Gesundheit hängt die Gesundheit von Körper und Gemüt ab. Und das Heilmittel für alle Übel ist richtiges Verstehen. Sucht deshalb die Gemeinschaft einer erwachten Persönlichkeit, eines Gurmukh, ansonsten: "Wenn der Blinde den Blinden führt, fallen beide in die Grube."